Atomfall angetestet: Eine schöne Welt voller schrecklicher Menschen

7.3.2025
Von Dave Tach, Autor
Die Landschaften in Atomfall sind wunderschön, aber die Menschen schrecklich. Das war nach wenigen Minuten mein Gedanke, als ich in der Vorabversion des neuen Action-Survival-Spiels von Rebellion durch den Wald stapfte.

Atomfall spielt fünf Jahre nach dem nuklearen Unfall von Windscale, wo es 1957 bei einem realen Vorfall zu einem Brand in dem Kernkraftwerk kam. In der alternativen Welt von Atomfall war dieser Unfall noch viel dramatischer als in der Wirklichkeit. Ihr erwacht ohne jede Erinnerung in einer Welt, in der etwas katastrophal schiefgelaufen ist.

„Zu Beginn des Spiels ist man wie ein leeres Blatt“, so der Head of Design Ben Fisher. „Man erwacht in einem Bunker und hat keine Ahnung, wer man ist und wie man in die Spielwelt gehört. Plötzlich taucht jemand auf und bittet um Hilfe. Und erst während man die Spielwelt erkundet, gewinnt man langsam eine Vorstellung davon, welche Rolle man in der Geschichte spielt.“
Atomfall angetestet – Vorschau – 4
Mein Spieldurchlauf von Atomfall begann einige Zeit nach diesem Erwachen in einer Art großem Abwassertunnel. Er gehörte zur Quarantänezone außerhalb von Windscale. Ich war so verwirrt, wie man es bei einem Gedächtnisverlust erwarten würde, aber irgendjemand rief von weit her. Naiv, wie ich bin, folgte ich der Stimme, merkte aber schnell, dass das keine gute Idee war, als mich mehrere wütende, in Leder gekleidete Leute umringten. Ich winkte ihnen mit meinem abgewetzten Kricketschläger zu, eher um sie zu beruhigen als um jemandem wehzutun, woraufhin man mir umgehend den Schädel einschlug.

Ich begann im Abwassertunnel von vorne, bereits etwas klüger.

Bei der Überprüfung meines Inventars entdeckte ich eine – zumindest nach postapokalyptischen Maßstäben zu urteilen – anständige Ausrüstung. Ich verfügte über eine Schrotflinte, ein Gewehr, eine Axt und verschiedene andere Annehmlichkeiten. Das meiste davon war zwar verrosteter Schrott, aber verrosteter Schrott kann im Notfall durchaus nützlich sein. Ich zückte also meine Waffe und stapfte zu den Stimmen zurück, um diesen Miesepetern die Leviten zu lesen.

Die Gleichung von Atomfall funktioniert etwa so: Eine rostige Schrotflinte plus eine Handvoll Patronen gegen eine Meute von Feinden ist gleich Tod. Mein Tod.

Ich begann im Abwassertunnel von vorne, bereits etwas klüger.
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Eigentlich hatte ich es gar nicht nötig, mich mit diesen unzivilisierten Trotteln anzulegen. Ich bin ein Niemand! Ich bin, wer immer ich sein will! Tatsächlich geht es bei Atomfall genau darum: in einer riesigen Sandbox das zu tun, wozu man Lust hat. Und ich verspürte plötzlich große Lust, weit weg von diesen Leuten zu sein. Ich griff also wieder zu meinem Kricketschläger – man weiß ja nie –, duckte mich und beschloss, dass unauffälliges Vorgehen die bessere Option war.

Wenige Minuten später war ich an den zornigen Menschen vorbei und schlenderte auf ein Bachbett zu. Das Wasser plätscherte wohltuend zu meinen Füßen und ich fühlte mich zumindest sicher genug, um mir einen Moment Zeit zu nehmen, mich umzusehen und den nächsten Schritt zu planen. Was ich sah, war wunderschön. Unter einem blauen Himmel wiegten sich saftige grüne Bäume im Wind. Moos bedeckte Felsen in der Nähe. Wäre ich nicht gerade ein paar Mal von Verrückten ermordet worden, die über die Heiligkeit des Erdbodens schwadronierten, hätte es auch ein Spaziergang im Park sein können.

Jedenfalls war es eine angenehme – beinahe schockierende – Kulisse für ein Spiel, in dem es um die Folgen einer nuklearen Katastrophe geht. Alle andere Spiele mit ähnlichem Konzept, die mir einfallen, hätten mir in dieser Situation tristes braunes Ödland vorgesetzt. Atomfall geht einen anderen Weg und ersetzt die karge Wüstenlandschaft durch die Auen der idyllischen englischen Landschaft des Lake Districts. Es wirkte nicht nur glaubwürdig, sondern fast real.

Nach den Worten von Ryan Green, dem Art Director von Rebellion, ein konkretes Beispiel der Designphilosophie von Atomfall. Tatsächlich sind einige der Felsen, vor denen ich staunend stehenblieb, auf eine Weise sehr real.

„Wir haben ein Photogrammetrie-Team, das Fotos von realen Objekte macht, aus denen wir dann 3D-Objekte erzeugen, die wir im Spiel verwenden“, erklärte Green kürzlich bei einer Frage-und-Antwort-Runde. „Auf diese Weise haben wir eine gute Basis von Objekten, die tatsächlich aus der Realität stammen. Um sie herum bauen wir dann unsere Fiktion und erreichen einen eindrucksvollen Qualitätsstandard.
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Ich zog mich also in den Schatten zurück, um meinen nächsten Schritt etwas unauffälliger zu planen. Bei meinem Erwachen hatte ich eine Notiz in meinem Inventar vorgefunden. Darin ging es um einen Ort ganz im Norden auf der Karte, die ich über das Hauptmenü aufrief. Sie zeigte eines der miteinander verbundenen, offenen Gebiete von Atomfall, allerdings ohne klare Richtungsangaben.

„Auch die Karte stellte uns vor ein interessantes Problem, denn es geht dabei um die typischen Fragen von Open-World-Eigenschaften“, so der Head of Design Ben Fisher. „Wir wollten auf keinen Fall eine Karte, die von Symbolen übersät ist, die einen hierhin und dahin und dorthin schicken, weil ein derartiger Überfluss an Information solche Spiele eher mühsam macht.“

Ich setzte mithilfe der Notiz einen Wegpunkt und verbrachte anschließend mehrere Minuten damit, den durchgeknallten Druiden auszuweichen, die anscheinend über den ganzen Wald verstreut waren. Schon dieser kurze Ausflug machte die Atomfall-Philosphie des selbstbestimmten Abenteuers deutlich. Rebellion möchte, dass ihr euren eigenen Weg geht.

„Es geht darum, auf die Karte zu schauen und anhand der Orientierungspunkte in der Umgebung herauszufinden, wohin man gehen muss“, sagte Fisher. „Das ist ein Punkt, der mir sehr wichtig war. Wir wollten, dass die Spieler vor allem die Welt um sie herum erleben und nicht einfach eine Reihe von Symbolen abklappern.“

In der Nähe eines verlassenen Bergwerks traf ich auf eine freundliche alte Frau in einem bauschigen lila Kleid und mit einem großen, blumengeschmückten Hut. „Mother Jago“ hatte es nicht auf mich abgesehen und war mir deshalb augenblicklich sympathisch. Sie erzählte mir, dass die Druiden sie bestohlen hatten. Ich glaubte ihr blind und schwor mir, die Burg der Druiden zu finden und das Eigentum meiner neuen Videospiel-Oma wiederzubeschaffen.
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Wenige Minuten später klingelte auf meinem Weg zur Burg in einer typischen roten Telefonzelle das Telefon und ich nahm den Hörer ab. Die unbekannte, etwas schwer verständliche Stimme am anderen Ende der Leitung schien anzudeuten, dass alte Damen im Wald nicht unbedingt zu den glaubwürdigsten Personen zählen.

Schwierige Lektionen lernen wir in schwierigen Momenten, und in Atomfall scheint es davon jede Menge zu geben. Atomfall ist ein Spiel, in dem die Freiheit der Spieler höher bewertet wird als der Fortschritt bei Kontrollpunkten, und zumindest in dem Gebiet, in dem ich unterwegs war, gab es allerhand, was ich gerne untersuchen und erkunden wollte. Fisher verwendete mehrmals einen Satz, der sowohl mein Spielerlebnis als auch die Philosophie der Entwickler treffend charakterisiert: Er definierte Beobachten, Planen und Ausführen als ihre „kreativen Prinzipien“.

„Wir möchten, dass der Spieler sich genau ansieht, was er vor sich hat, und dann eigene Schlüsse zieht, wie er am besten vorgeht“, sagt er. „Einige ungewöhnliche Aspekte im Spiel ergaben sich direkt aus der Situation und der Umwelt, was durchaus Sinn machte. Andere beruhen auf dem Design und den kreativen Prinzipien von Rebellion. Wir haben festgestellt, dass Spieler aufhören, selbst zu beobachten, wenn sie zu viel Orientierungshilfe erhalten. Sie achten dann nur noch auf den Kompass und weiten das auf sämtliche Spielsysteme aus.“

Genau so ging es mir bei meinem ersten Ausflug in Atomfall. Ich vertraute den Druiden vorbehaltlos, bis sie mich ermordeten. Ich hatte die lila Oma in den Ruinen schon in mein Herz geschlossen, doch dann belehrte mich eine unbekannte Telefonstimme eines Besseren. Und warum sollte ich jetzt der Stimme glauben?
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Tatsächlich war ich auf mich allein gestellt. Und zwar von Anfang an. Es dauerte nur eine Weile, bis ich das erkannte. Ich vermute stark, dass einer der interessantesten Punkte von Atomfall die Entscheidung sein wird, wer man selbst ist. Dies scheint eine zunehmend übliche Praxis zu sein – und gleichzeitig eine passende Parallele zu der Entwicklung von Atomfall.

Offenbar war der ursprüngliche Plan anders. In der anfänglichen Phase war Atomfall laut Fisher deutlich mehr ein gesteuertes Erlebnis – was aber nicht wirklich funktionierte.

„Zuerst war es eine große Herausforderung, aber dann hat sich alles irgendwie von selbst ergeben“, so Fisher. „Wir hatten in der Entwicklung einen Moment erreicht, an dem man das Spiel durchspielen konnte, während die Handlung ziemlich gesteuert verlief. Wenn man es mit einer TV-Miniserie vergleicht, bestand es aus einer Reihe von Quests, von denen jede wie eine Folge der Serie war. Nur dass man dabei das Gefühl hatte, als würde man nicht sein eigenes Abenteuer erleben, sondern durch das von jemand anderem stolpern, um es wie ein Detektiv nach und nach aufzudecken und zu enträtseln. Wir beschlossen, das zu ändern und den Spielern mehr Kontrolle zu geben.“

Darum gibt es in Atomfall auch kein klassisches Questsystem. Stattdessen gibt es ein System, das die Entwickler „Leads“ (Spuren) nennen, in dem ihr selbst entscheiden könnt, was ihr untersuchen wollt.

Das ist, was mich an Atomfall am meisten fasziniert. Mein verrückter Weg entstand aus meinen eigenen Entscheidungen. Euch wird es genauso gehen. Höchstwahrscheinlich wird euer Weg sehr anders als meiner sein. Ich schätze sogar, dass schon mein eigener nächster Weg durch den Wald wesentlich anders als mein letzter sein wird. Nach den Worten von Fisher ist das kein Zufall.

„Das Ganze soll eine große komplizierte Sandbox sein“, sagt er. „Wenn man mehreren verschiedenen Leuten beim Spielen zuschaut, wird man völlig unterschiedliche Spielerlebnisse beobachten.“

Atomfall erscheint am 27. März im Epic Games Store und ist jetzt im Vorverkauf erhältlich.