Der skurrile Ansatz von Brutal Orchestra macht das Fegefeuer spannend

18.9.2023
Von Diego Nicolás Argüello, Autor

Die seltsame Gestalt, die euch im Fegefeuer Orientierungshilfen gibt, hat für euren möglichen Rekruten einen bissigen Kommentar bereit: „Der scheint noch etwas Kampfgeist zu haben. Und auch seine Ekel vor sich selbst wirkt vielversprechend“.

In Hieronymus Bosch's Brutal Orchestra geht es von Anfang an um düstere Themen. In diesem rundenbasierten Roguelike-Strategiespiel geht ein Dämon namens Bosch einen Pakt mit euch ein. Ihr wurdet ermordet und seid im Fegefeuer gelandet. Das Gute daran ist, dass auch euer Mörder irgendwann hier auftauchen wird. Und dann kann Bosch euch dabei helfen, Rache zu üben. Aber zuerst müsst ihr eine Gruppe von Außenseitern zusammenstellen.

Wenn ihr mit Spielen wie The Binding of Isaac oder Undertale vertraut seid, kennt ihr den bittersüßen Humor, auf den auch Brutal Orchestra setzt. Während eines Durchlaufs stehen euch verschiedene Wege zur Auswahl, bevor ihr euch schließlich dem Endgegner des Gebiets stellen müsst. Auf den meisten dieser Wege stoßt ihr auf Kämpfe, aber unterwegs trefft ihr auch auf andere Bewohner, die euch daran ständig erinnern, wo ihr euch alle befindet.

„Mich hat es zu Tode gejuckt und jetzt kann ich mich nicht kratzen“, sagt ein Skelett ohne Hände bei der Begrüßung. „Das Einzige, was ich bedaure, ist meine Unentschlossenheit“, fügt es hinzu und beschwört damit Gefühle aus einem früheren Leben herauf. Andere erzählen, wie sehr sie ihren Hund vermissen oder dass sie „eigentlich doch lieber am Leben geblieben wären“. Diese – wenn auch oft recht kurzen – Interaktionen sind ergreifende Bemerkungen über die Narben des Jenseits.
Der skurrile Ansatz von Brutal Orchestra macht das Fegefeuer spannend – Killer
Die Begegnungen mit potenziellen Gruppenmitgliedern führen zu ähnlichen Gesprächen. Manche Charaktere bitten um alltägliche Dinge wie etwa Geld. Andere haben ausgefallenere Wünsche, so sollt ihr etwa einen bestimmten Gegnertyp gleich mehrfach töten oder einen Gefährten beseitigen, um einem Wesen mit gespaltener Persönlichkeit zu gefallen. Das klingt düster – schließlich sind wir ja im Fegefeuer –, aber Brutal Orchestra versteht es, den Schauplatz fesselnd, statt verstörend zu gestalten.

Nehmt zum Beispiel den Music Man: Immer wenn ihr mit diesem Gegner kämpft, ertönt im Hintergrund Jazz-Musik. Die Leerlauf-Animation des Gegners lässt ihn zum Takt headbangen. Wenn ihr es nicht schafft, ihn rechtzeitig zu besiegen, setzt er seine Fertigkeit „Feel the Rhythm“ ein und verwandelt sich in eins von drei instrumentenähnlichen Wesen, die sehr gut in den Garten der Lüste des echten Hieronymus Bosch passen würden. Nach dieser Verwandlung gesellt sich ein neues Instrument zur Hintergrundmusik, das den Kampf in eine Kakophonie verwandelt.

Brutal Orchestra verwandelt Elend in Neugierde. Ein Gruppenmitglied, das mit „Stigmata“ ausgerüstet wird, erhält eine Chance auf eine zusätzliche Runde, und es ist sehr nützlich, in Läden nach gebrauchten Spritzen Ausschau zu halten. Die Kreatur Revola benutzt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Fertigkeit „Head in the Clouds“ und ihre Beschreibung erinnert daran, dass jeder irgendwann aufsteht und sich wehrt, wenn er zu sehr bedrängt wird. Wenn diese Fertigkeit ausgelöst wird, wachsen dem Gegner lange Beine, die in der nächsten Runde so hart auf den Boden knallen, dass sie eurer gesamten Gruppe Schaden zufügen.

Im Jenseits muss sich diese Bande von Außenseitern ständig mit einer verdorbenen Umgebung arrangieren, in der alle Reste von einstigen menschlichen Gefühlen in etwas Groteskes verzerrt werden. Zumindest sind sie mit ihren Problemen nicht allein.