Das rundenbasierte Kampfsystem von Clair Obscur: Expedition 33 ist eine Hommage an die besten JRPGs
3.3.2025
Von Owen S. Good, Autor
Clair Obscur: Expedition 33 geht auf diesen Handel mit einem Kampfsystem ein, das eine faire, harte und letztlich mentale Herausforderung bietet. Kürzlich hatte ich in einer etwa 3-stündigen, von Entwickler Sandfall Interactive bereitgestellten Vorschau die Gelegenheit, einen Blick auf Clair Obscur: Expedition 33 zu werfen. Das Erstlingswerk soll am 24. April im Epic Games Store erscheinen. Expedition 33 verfügt zwar über eine umfassende Hintergrundgeschichte, unergründliche Eigennamen und ein dick aufgetragenes Fantasy-Szenario, bei der Vorschau ging es jedoch vor allem um das Gameplay.

Fans auf der Suche nach einer soliden Hommage an die besten Traditionen des JRPG-Genres können sich freuen: Das Gameplay von Clair Obscur: Expedition 33 ist lohnend und hat einen starken intellektuellen Reiz. Ich habe die Demo gleich zweimal durchgespielt, um zu sehen, ob ich aus meinen Fehlern lerne und bei dem einen oder anderen Kampf, der mir beim ersten Mal so gar nicht gelingen wollte, besser abschneide. Aus diesen Fehlern, Versäumnissen oder falschen Annahmen zu lernen, ist ein wesentlicher Faktor für den späteren Erfolg und selbst das Motto der Expedition im Spiel, „Selbst wenn wir scheitern, ebnen wir jenen den Weg, die nach uns kommen“, scheint hierauf anzuspielen.
Während ich eine Gruppe von zwei (und später drei) Leuten anführte, achtete ich weniger auf spezielle Eigenschaften, Angriffe und Buffs als auf ihren Kontext und ihre Wirkung.
Für möglichst effektive Angriffe in Expedition 33 sind die Eröffnungs-Moves wichtig, eine Reihe von kalkulierten Entscheidungen, die sich vielleicht erst später auszahlen. So ermutigt Expedition 33 euch zum Beispiel dazu, mit einem gezielten Fernangriff die leuchtenden Schwachpunkte des Gegners zu treffen, was aber mehrere Aktionspunkte (AP) kostet und damit euer weiteres Vorgehen einschränkt. Benutzt daher lieber den „Marking Shot“ eures Charakters Gustave, der – auch wenn er nur 1 AP kostet und selbst wenig bewirkt – den Schaden vervielfacht, den der nächste Angriff seines Teammitglieds verursacht. Das ist eine weitaus bessere Wahl als der stets verfügbare Standardangriff ohne zusätzliche Boni.
Sobald man die verschiedenen Charaktere verwendet, werden diese gegenseitigen Einflüsse deutlich. So hinterlassen die Angriffszauber von Gustaves Gefährtin Lune „Stains“ (Flecken), die auf ähnliche Weise den Schaden von nachfolgenden Angriffen erhöhen. Tatsächlich lohnt es sich, Lunes großen „Ice Lance“-Angriff (4 AP) trotz der hohen Kosten so früh wie möglich einzusetzen. Er verlangsamt nicht nur euer Ziel, sondern hinterlässt auch einen „Stain“, der den Schaden eines späteren „Immolation“-Zaubers vervielfachen kann (und außerdem einen „Burning“-Statuseffekt hinzufügt).

Maelle, die in dieser Vorschau erst später erschien, passt ihre Haltung stets an die jeweilige Situation an. Mit einer bestimmten Haltung kann sie mehr Angriffsschaden ablenken, wenn der Gegner an die Reihe kommt, während eine andere ihre eigenen Angriffe verdoppelt, sobald sie selbst wieder an der Reihe ist. Auch hier ist es wichtig, mindestens einen Schritt vorauszudenken, um euch den Sieg zu sichern. Feinde einfach mit den Angriffen zu befeuern, die den größten Schaden verursachen, reicht nicht annähernd an die kombinierten Schadens- und Folgewirkungen heran, die nötig sind, um die größten, verrücktesten Nevrons zu erledigen. (Das sind die düsteren Fantasy-Wesen, die der Malerin („The Paintress“), der gefährlichen Übeltäterin von Expedition 33, dienen.)
Diese Kette von Ursache und Wirkung ist komplizierter, als es klingt, denn während des Kampfes gibt es jede Menge visuelle Informationen zu entschlüsseln. Überdies findet ein guter Teil der Arbeit statt, bevor man überhaupt einem Feind gegenübersteht, denn jeder Charakter hat einen eigenen Fertigkeitenbaum, der eingerichtet werden muss. Um diesen zu optimieren, müsst ihr experimentieren. Die endgültige Version von Clair Obscur: Expedition 33 bietet zwar eine Möglichkeit, Fertigkeiten zurückzusetzen und neu zu verteilen, das erfordert aber einen Verbrauchsgegenstand, der in dieser Vorschau noch nicht verfügbar war.
Clair Obscur: Expedition 33 enthält allerdings einige fähigkeitsbasierte Eingaben, die einem sozusagen unter die Arme greifen und mir dabei halfen, einige der Unebenheiten auszubügeln, mit denen ich meine Charaktere unbemerkt versehen hatte.
Auf ihrem Weg durch leicht übersehbare Bereiche eines Levels oder die Oberwelt von Expedition 33 („The Continent“), können die Spieler auf den Avatar eines Feindes zustürmen und ihn verprügeln. Mit dem richtigen Timing kann man sich dabei den Vorteil sichern, im nächsten rundenbasierten Kampf zuerst anzugreifen.

Auch Treffer der Schwachpunkte eurer Gegner mithilfe der bereits erwähnten Fernangriffe bedeuten einen großen Vorteil – vor allem, wenn ihr in der Unterzahl seid. Manche Gegner, wie zum Beispiel fliegende Monster, weichen Standardangriffen aus und nur gezielte Schüsse oder Konter können ihnen Schaden zufügen. Und besagte Konterangriffe – bei denen jeder Teil des gegnerischen Angriffs pariert werden muss – tragen entscheidend zu einem erfolgreichen Angriff bei, vor allem wenn ein Boss es auf das gesamte Team abgesehen hat. Pariert perfekt und stürzt euch gemeinsam auf den Boss, um so mit einem großen Vorsprung in die nächste Runde zu gehen.
Konterangriffe und Ausweichmanöver können dem Spieler einen ausschlaggebenden Vorteil verschaffen, und die Idee, dass ein vollständig parierter Boss-Angriff ausreicht, um im Spiel zu bleiben, war sehr beruhigend. Außerdem werden dabei Aktionspunkte wiederhergestellt, mit denen ihr in der nächsten Runde noch härter zuschlagen könnt. Die Beherrschung dieser Aktionen ist daher ein absolutes Muss.
Bis das automatisch klappt, reichen allerdings keine drei Stunden. Die Feinde versuchen bei ihren Angriffen mit Finten und Verzögerungen, den Spieler aus dem Takt zu bringen, ähnlich wie ein Fußballspieler einen Schuss antäuscht, um den Gegner zu überlisten. Bei höheren Schwierigkeitsgraden bleibt dann nur noch ein winziger Augenblick um erfolgreich auszuweichen oder zu parieren. Kurz nach der Ankündigung von Clair Obscur: Expedition 33 im letzten Juni nannte der Creative Director von Sandfall das 2019 erschienene Spiel „Sekiro: Shadows Die Twice “als Inspiration für diese Mechanismen.
Sie sind auch der Grund, warum PC-Spieler den Systemanforderungen von Clair Obscur: Expedition 33 Beachtung schenken sollten. Die üppig ausgeschmückte Welt und ihre Charaktere bieten einen prächtigen Anblick, aber flüssige Performance während der Kampfanimationen sollte Priorität haben, damit ihr diesen kurzen Moment nicht verpasst und rechtzeitig ausweichen und parieren könnt.

Für bestimmte Angriffe kommt später noch eine dritte mögliche Reaktion hinzu. Manchmal ist es die einzige Rettung, den Angriff zu überspringen, anstatt auszuweichen oder zu parieren, was ich bei meiner kurzen Zeit mit Clair Obscur: Expedition 33 leider erst nach mehreren frustrierenden Versuchen herausfand.
Ich möchte sogar sagen, dass Clair Obscur: Expedition 33 insgesamt zu einem sehr frustrierenden Erlebnis wird, wenn man versucht, seine Runde mechanisch zu absolvieren. Bei alldem war mir allerdings klar, dass ich selbst für meine missliche Lage verantwortlich war und das Spiel keinerlei „Schuld“ traf. Es gab immer Möglichkeiten, derartige Situationen zu überwinden, und sei es nur die altbewährte Taktik, einen aussichtslosen Kampf bis zum Ende durchzustehen, um vor dem nächsten Versuch mehr über die Schwächen und Angriffsmuster meiner Gegner zu lernen.
Der Weg durch die raffinierten Welten und Level von Clair Obscur: Expedition 33 ist jedenfalls sehr linear und bietet wenige Gelegenheiten, vom vorgegebenen Weg abzuschweifen. Einige Pfade führten zu Nebenbossen, deren offensichtliche Stärke keinen Zweifel daran ließ, dass der Moment noch nicht gekommen war, ihre Geheimnisse zu ergründen. Andere waren nur flüchtige Abstecher, die die mit einer kleinen Menge Chroma (einer In-Game-Ressource) belohnt wurden. Wandern und Erkundung dienen in erster Linie dazu, die eindrucksvollen zerklüfteten Landschaften von Expedition 33 zu bewundern, bevor der nächste Schlagabtausch die Gruppe erwartet.
Die Handlung von Expedition 33 dreht sich um Menschen, die dem Untergang geweiht sind und einer existenziellen Bedrohung gegenüberstehen. In einer von Frankreichs Belle Époque inspirierten düsteren Fantasy-Welt wird wieder einmal eine Gruppe von Helden – die titelgebende „Expedition“ – ausgesandt, um die „Paintress“ zu vernichten. Diese Malerin gefährdet die Welt, weil sie jedes Jahr eine willkürliche Zahl auf einen Monolithen schreibt, woraufhin jeder, der in diesem Alter ist, augenblicklich ausgelöscht wird. Regelmäßig werden Expeditionen ausgesandt, um dem ein Ende zu bereiten, doch bisher war keine erfolgreich. Vielleicht seid ihr ja die Ersten.

Mit Expedition 33 hat Sandfall Interactive eine sehr detailreiche und einzigartige Welt erschaffen – angefangen bei den Monstern und Charakteren, deren Outfits und den Landschaften bis hin zu den Krisen, mit denen jeder Einzelne fertigwerden muss. Letztlich spielt es aber nicht wirklich eine Rolle, ob ich verstehe, warum ein Mitglied meines Teams seine Zeit gerne in einem transdimensionalen Anwesen mit einem Fechtlehrer verbringt, der wie eine große Schaufensterpuppe mit fehlendem Gesicht aussieht. Wenn mir das zentrale Gameplay von Expedition 33 nicht gefallen hätte, wäre ich nicht einmal auf die Idee gekommen, mir darüber Gedanken zu machen – oder darüber, welche Symbolik darin versteckt sein könnte.
Darin liegt wohl die wahre Stärke des Gameplay-Designs von Clair Obscur: Expedition 33. Es war für mich ein Anreiz, die Ausgrenzung zu überwinden, die solch eine liebevoll und individuell gestaltete Welt mit sich bringt, die mit ihrem Auftaktkapitel den Eindruck erwecken will, sie wäre das mittlere Kapitel einer bekannten Saga. Die Details und die erzählerischen Wendungen von Expedition 33 sind eindrucksvoll, aber leichter zu erfassen, wenn man das große Ganze betrachtet. Die Aspekte des Spiels, die es wirklich wert sind, innezuhalten, über sie nachzudenken und sie zu entschlüsseln, finden sich in der Logik des Gameplays, nicht in seiner Hintergrundgeschichte.
Ihr könnt Clair Obscur: Expedition 33 jetzt im Epic Games Store auf eure Wunschliste setzen.