The Astronauts brauchte für Witchfire eineinhalb Jahre innere Prüfung und viel Flexibilität
„Das Hexenfeuer in meinem Blut war abgekühlt und hatte es bereits zum größten Teil verdampft. Wäre der letzte Tropfen geschwunden, so wäre auch ich nicht mehr und müsste in der Hölle erwachen. Die Rettung, so unwahrscheinlich es scheinen mag, kam dank menschlicher Gier und Dummheit.“
Diese Zeilen aus der Kurzgeschichte The Preyer von Adrian Chmielarz, dem Creative Director von The Astronauts beschreiben die Welt von Witchfire, das am 20. September im Epic Games Store im Early Access erscheint. Kurz vor der Veröffentlichung haben wir Chmielarz und den Game Designer von The Astronauts, Karol Krok, interviewt und sie gefragt, was wir von Witchfire erwarten können, wie das Spiel entstanden ist und wie der Entwicklungsprozess verlief. Hier erfahrt ihr mehr darüber.
Fantasy statt Science-Fiction
Falls euch Witchfire noch kein Begriff ist, liegt es daran, dass The Astronauts ein kleines Studio ist und nur ungern Spoiler preisgibt – und alles, was sie über das Spiel verraten, ist sehr Spoiler-verdächtig.
Aus diesem Grund ist bislang nicht viel über Witchfire bekannt. „Wir wollen den Spielern das herrliche Erlebnis nicht nehmen, alles selbst herauszufinden, überrascht zu werden“, so Chmielarz. „Wir versprechen, dass wir kurz vor dem Early Access mehr zeigen werden, damit man sich besser entscheiden kann.“
Aus dem Trailer, den The Astronauts im Juni auf dem Summer Game Fest veröffentlicht hatte, ist erkennbar, dass Erkundung und Entdeckung, Planung und Überlegung wichtige Elemente von Witchfire sein werden. Gleichzeitig kommt in dem Spiel auch die Action nicht zu kurz. Das Thema ist Dark Fantasy mit Zaubern – und gleichzeitig ist es den Trailern nach zu urteilen auch ein Ego-Shooter. Technisch gesehen handelt es sich um ein Roguelite mit Ähnlichkeit zu einem Dungeon-Crawler und harten Todesbedingungen für den Spieler. Außerdem bewirbt The Astronauts Witchfire damit, dass man auf verschiedene Arten gewinnen kann.
Nach Chmielarz' Worten wurde Witchfire von „eineinhalb Jahren innerer Prüfung“ inspiriert. Nach dem vorherigen Projekt The Vanishing of Ethan Carter wollte das 12-köpfige Studio etwas Neues machen.
Ursprünglich hatte The Astronauts ein Sci-Fi-Survival-Spiels geplant, doch nach wenigen Monaten beschloss man, dass „untote Krieger uns mehr begeisterten als Außerirdische“, so Chmielarz. Und Science-Fiction musste Dark Fantasy weichen.
Witchfire erwacht zum Leben
In der Welt, die auf Chmielarz' Kurzgeschichte The Preyer basiert, können nur Frauen Hexen sein. Die Kirche führt einen Krieg gegen sie und benutzt verbotene heidnische Magie, um Sünder in unsterbliche Hexenjäger zu verwandeln, die „Preyer“ (Beutejäger) genannt werden. Als Spieler habt ihr die Aufgabe, die Hexe des Schwarzen Meeres (Black Sea) zu finden, ihre Armee zu vernichten und dann ein Artefakt zu suchen, um den Krieg zu gewinnen.
Es sollte fast sieben Jahre dauern, die Dark Fantasy von Witchfire zum Leben zu erwecken. „Magische Waffen, Ringe, Reliquien, Fetische und Zauber. Magische Kreaturen, gegen die man kämpfen muss. Magische Orte, die entdeckt werden wollen. Wir wollen Fantasy. Und wir sind begeistert“, so Chmielarz.
Chmielarz erzählt davon, wie die Entwickler von The Astronauts im studiointernen Chat Memes und Witze austauschen – und über fast alles in hitzige Debatten geraten, selbst über Kleinigkeiten wie die Farbe des Lichtstrahls, der den Spielern anzeigt, dass sie einen Gegenstand aufnehmen können.
Ursprünglich sollte jeder Gegenstand eine eigene Farbe erhalten, aber The Astronauts entschied, dass dies nicht zu der düsteren Ästhetik der Welt passte, an der man arbeitete. Schließlich verblieben zwei Farben: Ein roter Lichtstrahl steht für kristallisiertes Hexenfeuer und ein goldener Lichtstrahl für alle anderen Gegenstände. Diese Symbolik des Spieldesigns ermuntert den Spieler, sich zu nähern, um Gegenstände genauer zu betrachten und eventuell mitzunehmen.
„Ich glaube, ich hatte im Laufe der Jahre drei Pferde in diesem Rennen“, sagt Game Designe Karol Krok und gibt zu, dass seine plakativen Ideen das Rennen zwar nicht gewonnen hätten, die jetzigen Lichtstrahlen aber „wesentlich subtiler“ seien und ihm auch gefielen.
Krok zieht es vor, in einem kleinen Team zu arbeiten: „Es ist langfristig gesünder, in einem solchen Umfeld zu arbeiten.“ Natürlich bringe das seine eigenen Herausforderungen mit sich, aber es sei spannend, kontinuierlich die Spielideen und den Designprozess zu verändern. Er kam zum Team, als Witchfire bereits eher ein Dark Fantasy als ein Sci-Fi-Survival war, aber er erinnert sich, dass zu Beginn in einigen Leveln noch Überreste zu sehen waren.
„In meiner mehr als zehnjährigen Erfahrung waren die einzigen Spiele, für die ich ungern gearbeitet habe, diejenigen, die sich entweder gar nicht oder nicht ausreichend verändert haben“, so Krok. „Wenn man Kompromisse machen muss, weil die Zeit knapp wird, fühlt man sich dabei sehr [schlecht]. Bei The Astronauts sind Änderungen immer willkommen.“
Witchfire hält sich an diese Regel und seine früheren Kämpfe im Arenastil mutierten zu einem Open-World-Ansatz. Diese Änderung verlängerte die Entwicklungszeit um etwa ein Jahr, doch laut Krok war es das wert, denn Open-World-Kämpfe ziehen den Spieler in die Welt hinein und geben ihm das Gefühl, dass er alles tun kann.
Eines der Designprinzipien von Witchfire ist, dass nichts ohne Grund im Spiel vorkommt. Chmielarz sagt, dass dies eine der Lektionen sei, die die Erfahrung ihn gelehrt hat, und dass „viele coole Features bereits als Idee verworfen oder abgewürgt wurden“, um Witchfire zu einer wirklich immersive Simulation zu machen und das Erlebnis für die Spieler glaubwürdiger zu gestalten.
Anstatt sie einfach in die Welt zu stoßen und zu erwarten, dass sie alles selbst herausfinden, möchte das Team den Spielern auch eine Art Einführung bieten mit der Möglichkeit, Fähigkeiten im Spiel zu erlernen. Eine Untersuchung hinsichtlich des Nutzererlebnisdesigns ergab, dass Spieler ein Spiel weniger positiv bewerten, wenn angemessene Tutorials fehlen und ihnen dadurch wichtige Inhalte entgehen.
Vergangenheit und Zukunft
Witchfire erinnert an andere Spiele wie Painkiller und Bulletstorm, an denen die Entwickler von The Astronauts beteiligt waren. Painkiller ist ein Shooter aus dem Jahr 2004 von People Can Fly, dem ehemaligen Studio von Chmielarz. Gegen Ende von Painkiller muss man ein paar von Lucifers Generälen besiegen. Erwartungsgemäß wurde auch dieser Teil von den Entwicklern vielfach überarbeitet. Ursprünglich sollte in Painkiller ein Söldner das Übernatürliche bekämpfen.
Witchfire lernt auch von neueren Spielen. Chmielarz sagt, er habe versucht, Veröffentlichungen dieses Jahres wie Baldur's Gate 3, Armored Core 6 und Remnant II durchzuspielen, um besser über die aktuellen Trends Bescheid zu wissen. Witchfire ist von aktuellen Shootern und den knallharten Kämpfen der Souls-Spiele von FromSoftware inspiriert.
„Wir spielen immer etwas und lernen daraus“, meint Chmielarz. „Ich bin überzeugt, dass für einen guten Designer heute einfach dazugehört, andere Spiele zu analysieren, auch solche, die nicht zu den Genres gehören, mit denen er gerade arbeitet. Stephen King schrieb einmal, dass er die Hälfte des Tages schreibt und die andere Hälfte des Tages andere Autoren liest. Ich halte das für einen guten Rat.“
Er nennt das Jahr 2023 ein „legendäres“ Jahr für Spiele. Ganz gleich, wie viele Spiele die Entwickler bei The Astronauts spielten, gäbe es immer noch mehr. „Es ist nicht viel, aber es ist ehrliche Arbeit“, sagt er.
Der letzte Akt
Da der Erscheinungstermin von Witchfire näher rückt, müsse The Astronauts einige Überstunden machen, sogar an Wochenenden, so Chmielarz. Aber er fügt hinzu, dass es im Studio „nie zu einer längeren Phase mit extremen Arbeitszeiten kam“, was seiner Meinung nach „einer der wichtigsten Aspekte eines gesunden, modernen Studios ist“.
Auf die Frage nach Bugs bei der ersten Early-Access-Version sagt Chmielarz, dass sie sich nach Kräften bemühen, ein solides Spiel anzubieten – aber es werde nicht so perfekt sein wie die endgültige Version. Auf keinen Fall, so Chmielarz, werde man aber als endgültige Version ein unvollständiges Spiel veröffentlichen.
Chmielarz meint, dass es seiner nach Erfahrung zwei Arten von fehlerbehafteten Spielen gebe. Im ersten Fall haben die Studios versucht, das bestmögliche Spiel zu entwickeln, aber dann haben es Millionen von Menschen gespielt und Fehler entdeckt, „die man nie für möglich gehalten hätte“. Das ist in Ordnung, so Chmielarz, denn „bei der Größe und Komplexität moderner Spiele lässt sich dieses Problem nicht vermeiden.“
„Die zweite Art ist, wenn das Spiel in einem Zustand veröffentlicht wird, der eindeutig unfertig ist, und man weiß, dass der Entwickler das weiß. Das ist für mich unentschuldbar und sollte nie passieren“, sagt Chmielarz, wobei er Spiele ganz allgemein anspricht. „Ein Spiel veröffentlichen, das angeblich fertig ist, und dann ein offensichtliches Chaos liefern? Nein, das geht nicht.“
The Astronauts plant, Witchfire für etwa ein Jahr im Early Access zu belassen, um ein Feedback der Spieler zu erhalten und das Spiel entsprechend der Erkenntnisse durch Discord, soziale Medien und Foren zu ändern und anzupassen.
Ihr könnt Witchfire jetzt im Epic Games Store vorab kaufen und auf eure Wunschliste setzen.