Einblicke in die Geheimnisse des kommenden Grimdark-Roguelite „Witchfire“

8.6.2023
Von Brian Crecente

„Außer uns hier im Studio weiß wohl niemand, worum es in Witchfire wirklich geht. Das ist auch kein Wunder, wir haben ja schließlich bisher nicht gerade viel davon gezeigt. Aber das wird sich bald ändern, und ich bin mir sicher, es wird überraschte Gesichter geben.“

Adrian Chmielarz, Creative Director bei und Mitbegründer von The Astronauts, hofft, dass der neue Trailer von Witchfire, der heute Abend beim Summer Game Fest gezeigt wurde, seinen Teil zu dieser Entdeckungsreise beitragen wird.

„Um Missverständnissen vorzubeugen: Es ist auf jeden Fall ein Dark-Fantasy-Egoshooter mit Waffen und Magie. Aber ich schätze, wir sind das Thema auf eine ziemlich einzigartige Weise angegangen. Bleibt zu hoffen, dass unsere Wahl richtig war und es den Spielern gefällt. Das werden wir bald sehen, denn bis zum 20. September dauert es nicht mehr lange.“

Während bei den letzten Trailern zu Witchfire vor allem das Kampfgeschehen im Mittelpunkt stand, beginnt der neue Trailer auf dem Summer Game Fest etwas langsamer und präsentiert die eher erkundungsorientierten Momente des Spiels.

„Möglicherweise haben wir zuletzt den Eindruck erweckt, dass Witchfire pure Nonstop-Action ist“, sagte Chmielarz. „Das ist es nicht. Natürlich sind auch sehr intensive Kämpfe dabei, aber dann wieder gibt es Phasen, wo sorgfältige Erkundung, Planung und Überlegung im Vordergrund stehen. In dieser Hinsicht ist es eher mit Souls als zu Beispiel mit DOOM vergleichbar.“

Zu Beginn zeigt der Trailer mehr von der Landschaft und der Umgebung des Spiels als Gegner oder Kämpfe. Im weiteren Verlauf ändert sich das jedoch, der Fokus wechselt zu verschiedenen Feinden und wilden Gefechten und „die Hexenjagd beginnt“. Abschließend verkündet der Trailer, dass das Spiel am 20. September im Early Access erscheint.

Fast sieben Jahre ist das zehnköpfige Entwicklerteam von The Astronauts bereits an der Arbeit. Ursprünglich sollte Witchfire ein Sci-Fi-Survival-Spiel werden, bevor es sich zu dem entwickelte, was es heute ist: ein Roguelite-Dark-Fantasy-Egoshooter. Ihr spielt als „Preyer“, ein von der Kirche mithilfe von heidnischer Magie geschaffener unsterblicher Hexenjäger, und müsst mit einer Waffe und Zaubern eine berüchtigte Hexe zu Strecke bringen.

Der Wandel von einem Sci-Fi-Survival-Spiel zu einem Grimdark-Shooter veränderte mehr als nur die Schauplätze, die Atmosphäre und das Genre.

Einblicke in die Geheimnisse des kommenden Grimdark-Roguelite „Witchfire
Eine der jüngsten Entscheidungen des Teams war, das Kampfgeschehen von Gefechten im „Arena-Stil“ auf einen Open-World-Ansatz zu verlagern. Witchfire ist zwar kein komplettes Open-World-Spiel, aber es verfügt nun zumindest über Open-World-Level, wie wir sie im Studio nennen. Damit ist gemeint, dass ihr selbst entscheiden könnt, wie und in welcher Reihenfolge ihr ein bestimmtes Gebiet erkundet. Die Umstellung von einem eher an Killing Floor angelehnten Konzept auf diesen neuen Ansatz bedeutete einiges an Arbeit und führte zu der Entscheidung, den Termin für den Early Access auf dieses Jahr zu verschieben. 

„Für das Spiel war es die richtige Wahl, aber sie brachte allerhand Herausforderungen mit sich“, so Chmielarz. „Und zwar nicht nur technische Probleme, zum Beispiel die vielen zusätzlichen Feinde, sondern auch reine Gameplay-Fragen wie das Tempo oder die sehr viel häufigeren Möglichkeiten, direkte Begegnungen zu vermeiden.“

Aber Chmielarz zufolge hat diese Entscheidung das Spiel nicht einfach nur verbessert, sie „hat es zu einem anderen, viel besseren Spiel gemacht“.

„Ich glaube fest an die Selbstbestimmungstheorie (der Psychologen Edward Deci und Richard Ryan), die von einer inneren Motivation ausgeht, die auf der Erfüllung des Bedürfnisses nach Autonomie, Kompetenz und Eingebundenheit beruht“, sagte er. „Es ist leicht einzusehen, dass der Open-World-Ansatz das Gefühl von Autonomie bestärkt und nun auch mehr Wege zur Kompetenz ebnet. Ich bin mit unserer Entscheidung absolut zufrieden, auch wenn sie die Veröffentlichung des Spiels um schätzungsweise ein Jahr verzögert hat.“

Die Arbeit von Chmielarz und dem Team von The Astronauts an Witchfire ist von einer überraschend vielseitigen Mischung aus Inspirationen und Designkonzepten motiviert.

Zum Beispiel sagte Chmielarz letztes Jahr in einem Gespräch mit dem Team von Unreal Engine, dass das Spiel als Roguelite für Leute entwickelt wurde, die Roguelites hassen.

In unserem jüngsten Interview argumentierte er, dass Roguelikes und Roguelites darauf bauen, dass sie Gefühle verstärken, weil man Angst hat, das zu verlieren, was man sich hart erarbeitet hat. 

„Das ist in Witchfire definitiv der Fall“, fügte er hinzu. „Viele andere typische Elemente sind ebenfalls vorhanden, wie zum Beispiel zufällige Begegnungen. Andererseits enthalten unsere Designs auch allerhand echte Neuigkeiten. Wir können noch nichts verraten, aber wir haben versucht, das Unlösbare zu lösen: Ein Spiel, das mithilfe von Zufall Abwechslung erzeugt, aber gleichzeitig den Spielern erlaubt, Begegnungen zu meistern.“

Er fügte hinzu, dass „Souls“-Spiele sicherlich die wichtigste Inspirationsquelle für das Team und Witchfire sind.

„Die Spiele von FromSoftware sind mit das Beste, was in den letzten Jahrzehnten im Gaming passiert ist, und natürlich können wir uns ihrem Charme nicht ganz entziehen“, sagte er. „Alles andere inspiriert uns nicht ganz so stark. Wir haben uns mit dem Waffensystem von Destiny befasst, denn Bungie weiß, worauf es dabei ankommt. Man muss Berserk lesen, um zu verstehen, wie furchtlos eine Geschichte sein kann. Wir haben uns erneut mit Painkiller beschäftigt, um zu sehen, ob das ‚Black Tarot‘ noch etwas mehr zu bieten hat. Es gibt immer irgendetwas, worüber wir diskutieren und aus dem wir lernen können, sei es, um es weiterzuentwickeln oder um es zu vermeiden.“

Die Handlung des Spiels – ein sehr interessantes Thema für Fans des Teams, das auch das erzählungsbetonte Spiel The Vanishing of Ethan Carter geschaffen hat. 

Einblicke in die Geheimnisse des kommenden Grimdark-Roguelite „Witchfire
Mit The Astronauts wollten sich Chmielarz und das Team ursprünglich auf die Entwicklung erzählerischer Spiele wie „The Vanishing“ konzentrieren. Doch es war dieses Horror-Adventure aus dem Jahr 2014 – mit einer BAFTA-Auszeichnung und bei Fans immer noch hoch angesehen –, das Chmielarz klar machte, dass das Studio vielleicht ein bisschen breiter aufgestellt sein sollte.

„Ich war mit dem Ergebnis von The Vanishing of Ethan Carter sehr zufrieden, aber mir war klar, dass es trotz der Arbeit und des Erfolgs keine Schablone sein konnte“, sagte er. „Man kann nicht einfach die Struktur des Spiels nehmen, um eine andere Geschichte zu erzählen. Ich wusste, wie der nächste Schritt aussehen könnte und wie das erzählerische Genre weiterzuentwickeln wäre, aber trotzdem war und ist diese Vision sehr teuer und riskant. Aus diesem Grund begannen wir, in anderen Richtungen zu suchen.

Vielleicht war es für uns aber auch nur der Beginn einer neuen Phase. Bisher war bei mir nach einem Abenteuerspiel als nächstes Projekt immer ein Action-Titel an der Reihe. Nach Teenagent war es Katharsis, nach The Prince and the Coward war es Painkiller, nach Come Midnight war es Bulletstorm usw. Vielleicht war es von Anfang an unvermeidlich, dass der nächste Titel nach dem erzählungsbetonten Ethan ein neuer Egoshooter sein würde.“

Letztlich sei die Idee des Studios auch mit der Inspiration für seinen Namen verbunden: The Astronauts.

„Wir können jede Welt besuchen. Tatsächlich ist das der Grund, warum wir den Namen ‚The Astronauts‘ gewählt haben. Um die Reise ins Unbekannte zu betonten, das Abenteuer, neue Welten zu entdecken.“

Für den erzählerischen Teil von Witchfire hat man sich wohl auch etwas von Autoren wie J. R. R. Tolkien und Ernest Hemingway inspirieren lassen. Er wird während der Early-Access-Phase noch erweitert werden – die anfängliche Version konzentriert sich zunächst mehr auf das Gameplay und die allgemeine Stimmung als auf die Hintergrundgeschichte und die Handlung.

„Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob mir die Art und Weise, wie wir den Spielern diese Welt vermitteln, gefällt“, so Chmielarz. „Die beiden Säulen unseres Konzepts für das Weltdesign stehen allerdings fest. Die erste beruht auf Hemingway, insbesondere auf seinem Eisbergmodell. Dabei ist die Idee, dass wir den Spielern zwar nicht alle Details verraten, selbst aber alles wissen müssen, was es über diese Welt zu wissen gibt. Ohne Schleichwege und unbeantwortete Fragen. Während die Spieler zum Beispiel vielleicht nicht erfahren, warum nur Hexen zaubern können, müssen wir, die Schöpfer, dies wissen und den gesamten Hintergrund der Geschichte parat haben.

Die zweite Säule ist Tolkiens Ansatz der ‚Fernen Berge‘. Ich will ihn selbst zitieren: In einem seiner Briefe schrieb er: ‚Ein Teil des Reizes von Der Herr der Ringe liegt meines Erachtens darin, dass sie flüchtige Blicke auf eine große Geschichte im Hintergrund bietet – ähnlich wie die Ansicht einer weit entfernten, unbewohnten Insel oder der Anblick der Türme einer fernen Stadt, die von der Sonne beschienen durch den Dunst schimmern. Dorthin zu gehen, bedeutet, den Zauber zu zerstören, sofern sich nicht wieder neue, unerreichbare Perspektiven auftun.‘

Wie man sieht, hat seine Herangehensweise etwas von Hemingways Eisberg. Er ist davon überzeugt, dass ein gewisses Geheimnis als solches erhalten bleiben muss. Aber es ist auch klar, dass er glaubte, dass eine ‚Geschichte im Hintergrund‘ die Welt viel glaubwürdiger und interessanter macht.“

Wir wissen zwar noch nicht, wie die Geschichte im Hintergrund aussehen wird, aber wir haben schon einen kleinen Vorgeschmack in Form einer von Chmielarz geschriebenen Kurzgeschichte und einiger ausgezeichneter Illustrationen verschiedener polnischer Grafiker. Beides findet ihr auf der Website des Spiels.

Einblicke in die Geheimnisse des kommenden Grimdark-Roguelite „Witchfire
„Was mich an Videospielen am meisten reizt, ist die Idee, verschiedene Welten zu erleben“, sagte Chmielarz. „Weltraumpirat zu sein, Ermittler mit übernatürlichen Kräften oder Hexenjäger der Kirche. Es spielt keine Rolle, ob bei einem Spiel die Geschichte oder die Spielmechaniken im Vordergrund stehen – wichtig ist, dass seine Welt sich wie ein wirklicher Ort anfühlt.

Das heißt, obwohl Witchfire natürlich vor allem ein Shooter ist, haben wir sehr viel Zeit in die Welt und die Hintergrundgeschichte gesteckt. Ich glaube, damit haben wir das Spielerlebnis auch für Leute verbessert, die behaupten, dass ihnen die Geschichte in Spielen völlig egal ist.“

Wenige Monate, bevor Witchfire im Early Access in den Epic Games Store kommt, konzentrieren Chmielarz und sein Team ihre Bemühungen – unter anderem – auf etwas, von dem er häufig sagt, wie unglaublich wichtig es ist: den Anfang.

Ich fragte ihn, ob der Beginn von Witchfire seinen eigenen Erwartungen gerecht wird und ob er einige oder alle der vier Schlüsselelemente eines gut konzipierten Spiels berührt: Autonomie, Meisterschaft, Kompetenz und Verbundenheit. Ein perfekter Anfang, den er geschrieben hat, ist zum Beispiel der von Return to Monkey Island.

Einblicke in die Geheimnisse des kommenden Grimdark-Roguelite „Witchfire
„Eine gute Frage, aber ich habe gerade erst mit der Arbeit an der Einführung begonnen, daher kann ich das noch nicht beantworten“, sagte er. „Aber eins ist klar: Ein perfekter Anfang ist für uns absolut entscheidend. Das ist witzig, weil ich eigentlich finde, das Tutorials überbewertet werden und eher ablenken und stören. Aber andererseits glaube ich auch an eine angemessene Einführung.

Celia Hodent ist eine Autorin, die ich sehr schätze. Hier ein Zitat aus ihrem Buch The Gamer's Brain: ‚Manche Hardcore-Spieler beschweren sich zwar über Tutorials und behaupten, sie nicht zu brauchen, aber Benutzererfahrungstests zeigen in der Regel, dass sie wichtige Elemente eines Spiels missverstehen oder völlig übersehen, wenn es kein angemessenes Tutorial gibt, und dass sie es aus diesem Grund leicht negativ beurteilen können.‘

Da Witchfire ein Spiel für Gamer ist, gehen wir bei der Einführung bereits von einer gewissen Shooter-Erfahrung aus. Dennoch werden wir diesen ersten Minuten Aufmerksamkeit widmen, um sicherzustellen dass das Aufnahmevermögen nicht überfordert wird, wenn es später tiefer in die Welt und die Mechaniken des Spiels geht.“

Witchfire startet am 20. September in den Early Access, doch ihr könnt das Spiel jetzt schon im Epic Games Store auf eure Wunschliste setzen.