Mandragora im Test: In einer wunderschön handgezeichneten Welt trifft Dark Souls auf europäische Folklore
5.3.2025
Von Dave Tach, Autor
Der Grundstein für das kommende Action-RPG von Primal Game Studio wurde 2016 gelegt, als zwei der kreativen Köpfe des Studios – beide Künstler und Spieldesigner – nach Irland reisten und sich in die jahrhundertealte Mythologie dieses Landes verliebten. Im Lauf der nächsten paar Jahre wuchs diese Liebe weiter, genährt von europäischer Folklore im Allgemeinen sowie von Einflüssen, die aus einigen der Lieblingsspiele des ebenfalls wachsenden Entwicklungsteams stammen. Und das vielleicht berühmteste dieser Spiele ist Dark Souls von FromSoftware.
Das eigenwillige Spieldesign aus dem Hause FromSoftware erlangte mit der Veröffentlichung von Dark Souls (Ende 2011) große Bekanntheit. Seit über einem Jahrzehnt ist das japanische Entwicklungsstudio der wohl einflussreichste Publisher in der Videospielbranche. Der umfassende Einfluss von FromSoftware zeigt sich zum Beispiel an der Erfindung und Verbreitung der Subgenrenamen „Soulslike“ und „Soulsborne“ sowie an Dark-Fantasy-Elementen in den neueren Open-World-Spielen von The Legend of Zelda. Genau dieser Einfluss ist auch in Mandragora: Whispers of the Witch Tree spürbar, denn der geheimnisvolle Erzählstil und das von roten und grünen Leisten bestimmte Gameplay in diesem Spiel spricht dieselbe Designsprache wie Dark Souls, Elden Ring und weitere Titel dieser Art.

Darüber hinaus ist Mandragora: Whispers of the Witch Tree offensichtlich vom Metroidvania-Subgenre beeinflusst. Dieses Kofferwort beschreibt Gameplay, das durch Erkundung und Plattformer-Action auf weitläufigen, miteinander verbundenen Karten mit versteckten Gebieten geprägt ist. Beliebt wurde dieses Subgenre schon vor Jahrzehnten, und zwar durch die Metroid- und Castlevania-Reihen.
Bei einem Vorschau-Event, das vor der Veröffentlichung des Spiels am 17. April stattfand, nannten die Entwickler bereitwillig die Namen der Riesen, auf deren Schultern ihr Spiel steht. Sie wiesen jedoch auch schnell darauf hin, dass Mandragora: Whispers of the Witch Tree zwar voller Einflüsse und Hommagen ist, diese aber zu etwas Neuem, Einzigartigem verwebt.
„Wir versuchen nicht, eine reine Version mehrerer verschiedener Genres gleichzeitig zu sein“, so Alex Pearson, ihres Zeichens Community Marketing Manager. „Wir mischen all das, was uns am besten gefällt, um ein Erlebnis zu schaffen, das sich neu und doch irgendwie vertraut anfühlt.“
Nachdem ich den neuesten Build von Mandragora: Whispers of the Witch Tree ausprobiert habe, bin ich geneigt, ihr zuzustimmen. Das Team von Primal Game Studio hat zweifellos etwas sehr Interessantes und Schönes zu bieten.
Eine unwirkliche, wunderschöne Welt
Bereits zu Spielbeginn sind die Orte und Level beeindruckend vielfältig designt. An bevölkerten Orten könnt ihr viele Gespräche mithören und mit vielen NPCs interagieren – manche Charaktere beobachten euch sogar, schimpfen mit euch und entschuldigen sich dann, wenn sie herausfinden, wer ihr seid. Wenn ihr beim Durchqueren der Level aufmerksam genug seid, werdet ihr mit Gegenständen und versteckten Orten belohnt, die nur ein paar optionale Sprünge oder Angriffe entfernt sind.
Das Spiel ist im 2D-Stil gehalten, wird allerdings in 3D gerendert. Die Umgebung im Hintergrund erzählt auch einen Teil der Hintergrundgeschichte und ist in einer angenehmen Tiefenschärfe gerendert, die den Vordergrund betont, aber dennoch auf stille Weise von einer lebendigen Welt erzählt, die euch umgibt. Auf eurer Reise in die gefährlichen Randregionen weicht das anfangs flache und sanft abfallende Gelände langsam Hügeln, Tälern und Höhlen, die jedes Gebiet visuell (und bewegungstechnisch) interessant machen.

Unterstützt durch die Unreal Engine ist Mandragora: Whispers of the Witch Tree zu einem beeindruckend detailreichen Spiel geworden, das ein für 8-Bit-Pixelgrafik bekanntes Genre modernisiert. Primal Game Studio hat den Charakteren, Videosequenzen und Umgebungen des Spiels ein handgezeichnetes Aussehen verpasst und flüssige, detailreiche Animationen erschaffen, die seltsamerweise gleichzeitig realistisch und surrealistisch wirken.
Die Welt von Faelduum ist eindeutig mittelalterlich und magisch – das gilt sowohl für das Gute als auch für das Böse. Eine geheimnisvolle, bösartige Macht namens Entropie nimmt Einfluss auf die Welt, die dadurch manchmal buchstäblich entzweigerissen wird.
Eure Aufgabe ist es, das Licht vor der drohenden Finsternis zu schützen, und eure Reise beginnt damit, dass ihr die Startklasse eures Charakters auswählt.
Charakterklassen in Mandragora
Im Spieltest von Mandragora: Whispers of the Witch Tree sind drei Klassen verfügbar; die Vollversion soll sechs Klassen enthalten. Allerdings ist es wohl zutreffender, sie als „Startklassen“ zu bezeichnen. Wie in einem Spiel von FromSoftware könnt ihr auch hier Punkte auf beliebige Attribute verteilen und euren Charakter an euren Spielstil anpassen.
„Man kann die Klassen mischen“, erklärt Krisztian Varaljai, Development Director. „Man ist nicht auf eine einzige Klasse beschränkt. Und man kann den Talentbaum in jede beliebige Richtung erweitern.“
Dieser Talentbaum ist tatsächlich eine umfangreiche Sammlung von über 200 Fähigkeiten, die sich über mehrere Bildschirme erstreckt, von denen sich jeder auf eine Charakterklasse konzentriert. Auf diese Weise könnt ihr euren Charakter (zu Spielbeginn) individuell anpassen. So könntet ihr etwa mit einer magischen Klasse wie dem Zauberer anfangen, diesen dann aber so weiterentwickeln, dass seine Fähigkeiten eher denen eines Schlägers entsprechen.

Die erste Charakterklasse, die ich wählte, schien mir die einfachste zu sein – und ich lag richtig. Der Schläger (Vanguard) hält ein Schwert in der rechten Hand und einen Schild in der linken – und bevorzugt Nahkämpfe. Der Wechsel von Blocken zu Angreifen fühlte sich eigentümlich langsam an. Anfangs starb ich häufig, denn es es fiel mir schwer, das Gefühl für diesen Kampfstil zu entwickeln. Um das auszugleichen, machte ich aggressiv Gebrauch von meinem Standardangriff und einem schweren Kinnhaken, den ich nur verwenden konnte, wenn ich genug Energie gesammelt hatte. Meine anfängliche, falsch angewendete Aggressivität war darauf zurückzuführen, dass ich die Feinheiten der Klasse falsch verstanden hatte.
Bei einem Blick auf das HUD bemerkte ich unten links auf dem Bildschirm ein Symbol und die dazugehörige Tastenkombination. Also probierte ich es aus: Erst blockte ich mit dem rechten Bumper meines Xbox-Controllers, dann drückte ich die X-Taste und zuletzt schwang ich meinen Schild. So pariert man perfekt in Mandragora: Whispers of the Witch Tree. Weil das Zeitfenster dafür sehr großzügig bemessen ist, konnte ich die Kunst der aggressiven Verteidigung meistern und die Angriffe meiner Gegner gegen sie selbst richten. Sie gerieten ins Wanken. Ich schwang meinen Schild. Sie starben.
Die Schläger-Klasse mag das einfachste Konzept haben, ist aber schwierig zu meistern. Der erste Boss des Spiels – ein riesiger Wolf – stellte meine neue Fähigkeit, Angriff und Verteidigung miteinander in Einklang zu bringen, direkt auf die Probe. Ich starb. Ich starb wieder. Und wieder und wieder. Schließlich errang ich den Sieg, indem ich geschickt auswich, seine Angriffe umging, kurz zuschlug und mich rasch zurückzog, um Abstand zu gewinnen und seinen nächsten Sturmangriff im Blick zu behalten.
Später begann ich ein neues Spiel mit der Zauberer-Klasse (Spellbinder) und war sofort hin und weg. Der Zauberer hält in seiner linken Hand keinen Schild, sondern einen schwebenden violetten Kristall, der magische Strahlen abfeuert. Wenn diese Strahlen einen Gegner treffen, wird diesem mit jeder Sekunde mehr Energie entzogen. In der rechten Hand hält der Zauberer ein Schwert, das sich von dem Schwert des Schlägers nicht zu unterscheiden scheint.

Die Banditen, die mir zuvor dabei geholfen hatten, die Kunst des perfekten Parierens zu meistern, schmolzen nun unter der Hitze meiner magischen Zauberer-Waffe dahin, bevor sie überhaupt die Gelegenheit bekamen, mich aus der Nähe anzugreifen. Was mir am Zauberer besonders gut gefiel, war die Möglichkeit, zwischen Nah- und Fernkampf zu wechseln.
Die dritte in diesem Build verfügbare Klasse nennt sich „Nightshade“ (Nachtschatten) und ist mit einem Paar langer blauer Dolche bewaffnet. Diese Dolche richten weniger Schaden an als ein einzelner Schwerthieb, gleichen dies jedoch durch ihre höhere Geschwindigkeit und häufigeren Angriffe aus. Das ergibt Sinn; schließlich verbraucht das Angreifen mit Dolchen weniger Ausdauer als das Schwingen eines großen Schwerts.
Ich bin froh darüber, dass ich den „Nightshade“ durch Zufall zuletzt ausgewählt habe, denn diese Klasse ist die schwierigste von allen. Anders als der Schläger hat sie keinen Schild. Anders als der Zauberer hat sie keinen mächtigen Fernangriff. Als „Nightshade“ müsst ihr lernen, wie ihr richtig angreift, euch eure Ausdauer gut einteilt und in Kämpfen ausweicht. Das alles ist schwierig zu meistern, macht aber auch ziemlich viel Spaß.
Mir gefiel die Aggressivität, die dem Design dieses Charakters innewohnt, und obwohl ich mir sicher bin, dass meine Vertrautheit mit dem ersten Teil des Spiels (immerhin war das mein dritter Durchlauf) zu meinem Erfolg beigetragen hat, war es trotzdem sehr spaßig, mich in den Kampf zu stürzen, meine Dolche zu schwingen und zu siegen.
Schläger, Zauberer und „Nightshade“ fühlen sich alle unterschiedlich genug an, damit ihr den Spielstil wählen könnt, der euch am meisten liegt. Bei der Veröffentlichung der Vollversion kommen drei weitere Klassen hinzu. Als „Flameweaver“ (Flammenweber) beherrscht ihr das Feuer und bevorzugt Einhandwaffen. Als „Wyldwarden“ (Wyldwächter) verfügt ihr über etwas, das vom Entwicklerteam als „eine einzigartige Verbindung zu Naturkräften“ beschrieben wird. Und als „Vindicator“ (Verteidiger) „gebietet [ihr] über himmlische Energien“.
Anpassbarer Schwierigkeitsgrad und glaubhaftes Spielerlebnis
Meiner Erfahrung nach besteht die Herausforderung zu Beginn von Mandragora: Whispers of the Witch Tree vor allem darin, die Feinheiten jeder Charakterklasse gut kennenzulernen. Die Lernkurve ist eindeutig steil, aber meine wiederholten Versuche und meine Aufmerksamkeit wurden belohnt. In diesem Spiel lernt ihr schnell, dass ihr nicht einfach nur wahllos irgendwelche Tasten drücken könnt, wenn ihr überleben wollt.
Bei einer Frage-Antwort-Runde erklärte Gabor Szabo (Lead Game Designer), dass das Team ein „glaubhaftes Spielerlebnis“ schaffen wollte. Was das bedeutet, verstand ich erst, als ich Mandragora: Whispers of the Witch Tree spielte. Dieses Spiel ist der Inbegriff von Dark Fantasy. Aber es ist dennoch greifbar, nachvollziehbar und bezwingbar – genau wie die Spiele in der Dark Souls-Reihe, die es beeinflusst haben.
„Unser Ziel war es, ein glaubhaftes Spielerlebnis zu schaffen“, so Szabo. „Wenn ihr also ein dummes Monster seht – wie etwa einen Zombie –, dann wird dieses Monster nicht vor euch weglaufen. Es wird als eine Art Zielpuppe dienen. Aber wenn ihr auf einen erfahrenen Assassinen – einen gegnerischen Assassinen – trefft, dann wird er sich euren Erwartungen entsprechend wie ein erfahrener Assassine verhalten. Er wird also springen, hinter euch rollen und versuchen, euch für eure Fehler zu bestrafen.
[...] Das also war unser Ziel beim Designen verschiedener Formen von Gegner-KI. Und das gilt auch für Bosse. Es gibt ein paar riesige, mächtige und doch dumme Bosse, die euch mit einem einzigen Treffer töten können, aber da sie sehr dumm sind, könnt ihr sie einfach überlisten. Natürlich gibt es auch schlaue Bosse, die versuchen, euch auf jede mögliche Weise zu töten.“

Insgesamt ist der Schwierigkeitsgrad des Spiels veränderbar. Mandragora: Whispers of the Witch Tree soll euch gerade zu Beginn vor eine Herausforderung stellen, aber dennoch für Spielende aller Erfahrungsstufen zugänglich sein. Deshalb hat das Entwicklerteam ein System geschaffen, in dem ihr die Herausforderung nach Belieben anpassen könnt.
„Man kann den Schwierigkeitsgrad des Spiels ändern, indem man die Gesundheit und den Schaden von Gegnern sowie den eigenen Ausdauerverbrauch mit einem Schieberegler von 70 % bis 100 % anpasst“, erklärt Krisztian Varaljai (Development Director).
Mandragora: Whispers of the Witch Tree ist nicht einfach nur von einigen Genregrößen beeinflusst. In den ersten Spielstunden wird das, was diese Genregrößen so großartig macht, zu etwas Neuem verbunden, das ebenso interessant wie herausfordernd ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich die ganzen 8 bis 10 Stunden der Haupthandlung durchspielen werde. Darüber hinaus gibt es mehrere Enden – je nachdem, welche Entscheidungen ihr trefft. Allerdings ist pro Spieldurchlauf nur ein Ende möglich (also nicht mehrere auf einmal). Nach meinem Spieltest kann ich es kaum erwarten, 40 bis 50 Stunden damit zu verbringen, jeden Winkel der 11 Karten und 75 Orte in Mandragora zu erkunden. Dieses Spiel verspricht, ein weiteres wundervolles Metroidvania zu werden.
Ihr könnt Mandragora: Whispers of the Witch Tree jetzt im Epic Games Store vorab kaufen und sofortigen Zugang zu einem Vorschau-Build des Spiels erhalten, das am 17. April erscheinen soll.