PLAYERUNKNOWN erklärt, wie „Prologue: Go Wayback!“ das Fundament für ein Spiel so groß wie die Erde legt
Das Viertel Amsterdams, in dem PLAYERUNKNOWN Productions seinen Sitz hat, zählt nicht gerade zu den üblichen Postkartenmotiven der Stadt. Jenseits der ruhigen Gewässer des Nordseekanals und fernab der schmalen Grachtenhäuser und dem regen Fahrradverkehr der Innenstadt liegt das NDSM-Viertel. Das nach dem Schiffbauunternehmen benannte Viertel, dessen Werften sich bis 1984 hier erstreckten, verfiel in den 90er-Jahren, bevor nach der Jahrtausendwende ein Revitalisierungsprojekt angestoßen wurde.
Dieses Projekt dauert bis heute an: Zwischen trendigen Bars und modernen Bürogebäuden finden sich Baustellen und Brachflächen, die das heutige NDSM prägen. An der Wand eines alten Lagerhauses, das inzwischen ein Street-Art-Museum beherbergt, prangt ein riesiges Bild von Anne Frank. Am Kai, der als Anlegestelle für die Fähre über den Nordseekanal dient, liegt ein schwimmendes Hotel – das sogenannte „Botel“ – sowie ein echtes gelbes U-Boot.
Es ist ein Ort mit surrealem Flair, abgeschieden von Amsterdam und doch untrennbar mit der niederländischen Hauptstadt verbunden. Als ich Brendan „PLAYERUNKNOWN“ Greene frage, warum er gerade Amsterdam und insbesondere dieses Viertel gewählt hat, ist seine Antwort zunächst vor allem pragmatisch: „Ich war zu Beginn viel mit PUBG unterwegs. Ich habe die ganze Welt bereist. Und hier gibt es den Flughafen Schiphol. Es ist super einfach, von hier überall hin zu gelangen.“
Dann allerdings bringt er noch persönlichere Gründe an: „Ich mag es hier einfach, besonders auf dieser Seite des Flusses. Es ist ruhiger. Jemand hat mal gesagt, es sei fast wie ein kleines Berlin.“
Das kleine Berlin von NDSM hat nur wenig mit Prologue: Go Wayback! gemein, denn das Debüt-Survival-Spiel von PLAYERUNKNOWN Productions ist in einer stürmischen und bewaldeten Wildnis angesiedelt. Allerdings bietet der Standort dem Team einen praktischen Bezugsrahmen für die Philosophie des Projekts. Go Wayback ist gleichzeitig eine eigenständige Entität, ein Spiel für sich, und Teil von etwas viel Größerem – einem Jahrzehnte umspannenden Plan mit dem Ziel, einen virtuellen Raum zu schaffen, der in Größe und Komplexität der Erde selbst entspricht.
Die Anfänge
Dieses ambitionierte Großprojekt, das unter dem Codenamen „Project Artemis“ läuft und von Greene als eine Mischung aus dem Survival-Modus von Minecraft und einer 3D-Version des Internets beschrieben wird, ist schwer im Kopf zu behalten. Möglicherweise sprudelt es deswegen aus Greene heraus, ohne dass es dazu eines Stichwortes bedarf, während wir in seinem Büro mit Blick auf den Nordseekanal sitzen. Mit seinen 49 Jahren wirkt Greene mindestens ein Jahrzehnt jünger, sowohl optisch als auch in seinem enthusiastischen und immer wieder Haken schlagenden Redefluss, wenn er von seiner großen Vision erzählt.
Die Ursprünge sowohl von Go Wayback als auch von Project Artemis reichen zurück bis zu Greenes erstem Berührungspunkt mit dem Spiel, das ihn überhaupt erst in die Branche gezogen hat: die Zombie-Survival-Mod DayZ für Arma 2.
„Ich habe sofort das Potenzial der Plattform und insbesondere der Entstehung erkannt. Das war es, was mich begeistert hat“, erzählt er. „Diese Art von Survival-Spiel zu sehen, bei dem man seine eigene Geschichte erzählen kann, anstatt einem vorgegebenen Weg zu folgen, hat mich damals vollkommen begeistert.“
Genau diese Begeisterung brachte Greene schließlich dazu, DayZ: Battle Royale zu entwickeln – ein Projekt, das (über eine weitere Mod für Arma 3) schließlich dazu führte, dass er mit dem südkoreanischen Publisher Krafton zusammenarbeitete. So wurde der Weg zu PLAYERUNKNOWN's Battlegrounds gelegt, kurz PUBG und heute unter dem Namen PUBG: Battlegrounds bekannt.
PUBG erhob das Battle Royale zum beliebtesten Mehrspieler-Shooter-Format des letzten Jahrzehnts. Das Grundprinzip – Spieler sammeln Ressourcen und kämpfen auf einer immer kleiner werdenden Karte – inspirierte Titel wie Fortnite, Apex Legends und sogar den Call of Duty-Ableger Warzone.
Für Greene lag der Reiz von PUBG allerdings nicht nur in den Mechaniken des Spiels selbst, sondern mindestens ebenso sehr in der authentischen Weltgestaltung und dem realistischen Survival-Ansatz – beides Elemente, die von DayZ übernommen wurden.
Nach dem Erfolg von PUBG reifte in Greene der Wunsch, ein Spiel zu entwickeln, das zwar ebenso auf eine glaubwürdige Spielwelt setzt, aber zugleich ähnlich wie Rust eine offenere Survival-Schleife und eine stärker von den Spielern getragene Community bietet. „Ich wollte schon immer ein größeres Survival-Spiel machen, weil ich liebe, was in Rust passiert und was sich dort entwickelt.“, erzählt er. „Ich dachte mir: Auf einer Karte von 100 mal 100 Kilometern könnte man echte Handelsrouten etablieren. Oder wenn man wüsste, dass es bei einem bestimmten Berg Eisenerz gibt, könnte man vielleicht Eisenhändler und sehr reich werden oder zu einem Kriegsfürsten aufsteigen.“
Anders ausgedrückt: Greene wollte ein Survival-Spiel, in dem „ein Helikopter wirklich von Bedeutung sein könnte“. Er fährt fort, „In DayZ fliegt man in 30 Sekunden oder einer Minute einmal quer über die Karte – aber was wäre, wenn man eine Reise, die zu Fuß zehn bis zwölf Stunden dauern würde, auf nur zehn Minuten verkürzt.“
PLAYERUNKNOWN Productions begann 2019 gemeinsam mit Krafton mit der Arbeit an diesem Projekt, doch nach einigen Jahren trennten sich die Wege der beiden Unternehmen. Währenddessen wurde Greenes Vision immer ambitionierter: Aus dem ursprünglichen Plan eines 100x100 Kilometer großen Survival-Spiels entwickelte sich die Idee einer Weltkarte in Erdgröße – und eines Spielerlebnisses, das weit über reines Überleben hinausgeht.
Sich ein solches Spiel auszumalen, ist eine Sache. Es tatsächlich umzusetzen, etwas völlig anderes. Greene gibt zu, dass PLAYERUNKNOWN Productions noch vor 18 Monaten nicht einmal wusste, wie man das bewerkstelligen könnte. „Wir hatten keinen ernsthaften Plan“, erklärt er. „Das Führungsteam, mit dem ich anfangs gearbeitet habe, bis vor etwa anderthalb Jahren, war nicht das richtige, um das Studio zu führen. Die Leute hatten nicht genug Erfahrung in der Spieleentwicklung. Ich glaube, sie haben meine Vision nicht wirklich akzeptiert.“
Greene gibt außerdem zu, dass auch seine eigenen Erfahrungen in Sachen Studioleitung zu wünschen übrig ließen. „Ich war Fotograf und Grafikdesigner, und dann gab mir jemand einen Batzen Geld und ein Studio“, erzählt er. „Ich hatte sehr wenig Erfahrung, die Lernkurve war also sehr steil.“
So holte PLAYERUNKNOWN Productions ein neues Führungsteam an Bord, das einen komplett neuen Plan für das Projekt ausarbeitete. „Sie haben sich zusammengesetzt und gefragt: ‚Können wir das machen? Das hier ist die Vision. [Greene] will Millionen von Spielern, eine Welt so groß wie die Erde – im Grunde einen digitalen Raum‘“, erzählt Greene. „Nachdem sie zehn Minuten hin- und herüberlegt hatten meinten sie: ‚Hey, klar, das kriegen wir hin‘ und kamen mit einem Plan zu mir.“
Bei günstiger Witterung
Der neue Plan von PLAYERUNKNOWN Productions bestand aus der Entwicklung von zwei Produkten. Das erste ist Preface, eine spielbare Tech-Demo für die planetengenerierende Engine namens Melba, die später das Herzstück von Project Artemis bilden soll. Preface wurde Ende letzten Jahres veröffentlicht und ist kostenlos. Das zweite Produkt ist Prologue: Go Wayback!, ein Survival-Spiel auf Basis von Unreal Engine, das die spielmechanischen Grundlagen demonstriert, die eines Tages das Fundament von Project Artemis bilden sollen.
Trotz aller Visionen und ambitionierten Ideen ist das Konzept von Go Wayback überraschend simpel. Ihr spielt in der Rolle einer Frau names Lucy, die in der relativen Sicherheit einer gemütlichen, wenn auch leicht heruntergekommenen Waldhütte ins Spiel startet. Euer Ziel ist es, eine mehrere Kilometer entfernte Wetterstation auf der gegenüberliegenden Seite der Karte zu erreichen. Auf eurer Wanderung durch die Spielwelt müsst ihr euch um Nahrung, Wasser und eure Körpertemperatur kümmern, Feuer aus brennbaren Materialien machen und Schutz in Unterschlüpfen suchen.
Während Greene das Studio als Ganzes leitet, ist Scott Davidson, ein erfahrener britischer Spieleentwickler, der Creative Director von Go Wayback. Davidson arbeitete zunächst bei Blitz Games und Rebellion, bevor er fünf Jahre lang als Art Director bei Facepunch Studios für Rust zuständig war. „Ich war praktisch für die Optik von Rust zuständig, bis es reif für den Early Access war“, erzählt Davidson. Diese Erfahrung verschaffte ihm schließlich den Job bei PLAYERUNKNOWN Productions. „Als ich Brendans Dossier zu seiner Vision gelesen habe, stand da etwa 15 Mal Rust“, erinnert er sich.
Obwohl Go Wayback (derzeit) ein reines Einzelspieler-Erlebnis ist, legt es wie Rust großen Wert auf eine kompromisslose Darstellung einer realistischen Überlebenssituation. In der anfänglichen Hütte findet ihr einige grundlegende Ausrüstungsgegenstände wie einen Zündstein, eine Taschenlampe, eine Karte und einen Kompass. Mitgenommen werden können allerdings nur Gegenstände, die in den kleinen Stoffrucksack passen oder mit den Händen getragen werden. Die Kleidung ist zudem kaum für das raue und unbeständige Wetter geeignet, das die Spielwelt von Go Wayback prägt.
Im Gegensatz zu vielen anderen Survival-Spielen besteht die größte Herausforderung in Go Wayback nicht darin, Nahrung oder Wasser zu finden, sondern schlicht darin, nicht zu erfrieren.
„Wir wollen die Temperatur als wichtigste Überlebensmetrik etablieren“, erzählt Davidson. „In echten Überlebenssituationen stirbt man sehr selten an Dehydrierung. Man stirbt nur sehr selten an Unterernährung, denn es dauert viele Tage, bis man alle Kalorienreserven verbrannt hat.“ Auch in Go Wayback müsst ihr euren Hunger und Durst im Blick behalten – diese Werte sind letztlich aber nur Komponenten des übergeordneten Temperatursystems. „Wenn der Hunger- oder Durstbalken sinkt, verliert man die Fähigkeit, die eigene Körpertemperatur zu regulieren, also kühlt man schneller aus.“, sagt Davidson.
Deswegen wird euer Überleben in Go Wayback primär von zwei Systemen bestimmt.
Das erste: Feuer. Go Wayback bietet eine elaborierte Feuersimulation. Statt mithilfe eines Herstellungsmenüs ein perfektes Lagerfeuer nach Blaupause zu bauen, müsst ihr brennbare Materialien aufhäufen und anzünden.
„Es geht um Zunder, Anzündholz und Brennmaterial“, sagt Davidson. „Man fängt mit Papier- oder Pappfetzen an, die mit ein paar kleinen Zweigen obenauf entzündet werden. Dann fangen die Zweige Feuer und man kann größere Holzscheite auflegen, die langsam verbrennen. Solange man das Feuer immer wieder mit ein paar Holzscheiten nährt, verlöscht es nicht und produziert Wärme, und diese Wärme wird innerhalb von Gebäuden gespeichert.“
Das System soll nicht nur Authentizität bieten, sondern auch den Erfindungsreichtum der Spieler anregen. Alles, was in Go Wayback intuitiv brennbar erscheint, kann verwendet werden, wie etwa die Hardcover-Bücher in eurer Hütte oder die Untersetzer auf dem Tisch. Auch beim Entzünden bieten sich alle denkbaren Möglichkeiten. In der Regel nutzt ihr euren kleinen Zündstein, den ihr immer leicht mit euch führen könnt. Alternativ ist aber auch der Herd in der Hütte denkbar – vorausgesetzt, ihr habt Strom.
Es gibt aber auch ein paar Einschränkungen. Ihr könnt zum Beispiel nicht einfach eine ganze Hütte abbrennen. „Dafür bräuchte man ein System für die strukturelle Integrität von Gebäuden, was eine Menge komplexer Physik erfordern würde.“, erklärt Davidson. Allerdings gibt es schon eine Art „physisches Feedback“ für Objekte, die theoretisch brennbar sein sollten, aber nicht Feuer fangen: „Wenn man ein Feuer direkt neben eine Hüttenwand platziert, färbt sich die Wand schwarz“, führt Davidson weiter aus. Solche Effekte möchte das Team in Zukunft weiter implementieren.
Das zweite zentrale Überlebenssystem ist das Wetter. Go Wayback simuliert detailliert Regen, Wind, Schnee und Hagel, allesamt Elemente, die sowohl die Umgebung als auch euren Charakter direkt beeinflussen (oder in Zukunft beeinflussen werden). Das einfachste Beispiel: Regen macht sowohl euren Charakter als auch die Umgebung nass. Dadurch sinkt eure Körpertemperatur schneller und brennbare Materialien lassen sich schwerer entzünden. Deshalb ist es wichtig, Brandbeschleuniger oder Zunder im Rucksack zu verstauen, wo sie trocken bleiben.
Das Wetter wirkt sich allerdings auch auf andere Weise auf euer Überleben aus. Öffnet ihr etwa die Tür eurer anfänglichen Hütte, könnt ihr sehen, wie der Wind durch die Türöffnung bläst, und spüren, wie es in der Hütte kühler wird. Wenn ihr die Tür schließt, beendet das natürlich diesen Kälteeinbruch, aber um zu verhindern, dass der Wind durch die zerbrochenen Fenster der Hütte weht, müsst ihr Holz finden und die Fenster vernageln.
„Das Wetter ist dynamisch und wir kontrollieren es nicht“, sagt Davidson. „Das bedeutet, dass sich geschützte Plätze einfach natürlich aus den Objekten in der Welt ergeben. Man kann beispielsweise in einen Bereich mit vielen Felsen laufen, und wenn einer der Felsen über einen anderen gestürzt ist, kann man darunter ein trockenes Plätzchen finden.“
Für das Wettersystem von Go Wayback sind noch zahlreiche Erweiterungen geplant. Während ihr durch die Spielwelt wandert, werdet ihr oft auf Schlammpfützen treffen, die euren Charakter verlangsamen. Langfristig will Greene, dass diese Schlammflächen dynamisch durch Regengüsse entstehen.
Außerdem plant das Team, dass die Hagelstürme in Go Wayback auch faustgroße Hagelkörner vom Himmel prasseln lassen können, die euren Charakter verletzen. Die Hagelkörner selbst sind derzeit zwar noch nicht im Spiel vorhanden, aber ihr Sound ist schon da, ihr könnt also hören, wie sie in Go Wayback auf die Dächer der Hütten knallen. „Wir müssen noch ausarbeiten, wie die Hagelkörner auf den Boden um einen herum und in der Umgebung aufprallen, damit man, wenn man von einem getroffen wird, den Zusammenhang mit der Umgebung erkennt und sich nicht fragt: ‚Warum nehme ich gerade Schaden?‘“
Unter dem Strich präsentiert sich das Spiel aktuell als besonders gnadenloser Wandersimulator: Ihr kämpft euch auf dem Weg zur Wetterstation durch die raue Wildnis und seid dabei stets auf der Suche nach Schutz und nützlichen Ressourcen. Hier spielt Navigation eine herausragende Rolle. Eure Karte zeigt euch zwar wichtige Orte wie eure anfängliche Hütte sowie andere Hütten an, markiert aber nicht eure aktuelle Position. Ihr müsst also selbst mithilfe eures Kompasses und der Landschaft ermitteln, wo ihr euch befindet und in welche Richtung ihr euch bewegt.
Aufgrund der Größe der Spielwelt kann es erstaunlich schwierig sein, Orientierungspunkte zu finden, wobei sich eure Lage auf eurem Weg durch die Wildnis jederzeit dramatisch zum Schlechteren wenden kann. Nach Einbruch der Dunkelheit ist es leicht, sich völlig zu verirren, und ein plötzlicher Schneesturm oder ein heftiges Gewitter können euch innerhalb von Minuten erfrieren lassen. Selbst harmlose Anstiege im Terrain können zu tödlichen Fallen werden, wenn euer Charakter beim Aufstieg das Gleichgewicht verliert und zu Tode stürzt.
Doch erst wenn ihr tatsächlich sterbt (und das werdet ihr mit großer Wahrscheinlichkeit), offenbart Go Wayback seinen größten Clou. Anders als DayZ und PUBG ist die Karte von Go Wayback kein Ergebnis von Handarbeit. Sie wird für jeden Spieldurchlauf dynamisch komplett neu generiert. Das Besondere: Dabei kommt keine klassische prozedurale Generierung zum Einsatz. Stattdessen benutzt das Team ein auf Large Language Models (LLM) basierendes Machine Learning – heute besser bekannt als Machine Learning Generation.
Generation Hill
Auch wenn Go Wayback nicht auf derselben Grafik-Engine läuft, die später einmal Project Artemis antreiben wird, nutzt es dennoch die maßgeschneiderte Levelgenerierungstechnologie von PLAYERUNKNOWN Productions, die einen Teil der Engine bildet und auf Machine-Learning-Verfahren basiert. Greene entschied sich für Machine Learning, weil die geplante Kartengröße auf herkömmliche Weise schlicht nicht zu bewältigen war.
„Als wir versuchten, 100 mal 100 Kilometer große Karten zu erstellen, stellten wir fest: Das geht mit klassischen Methoden nicht. Allein die Datenmenge wäre so groß gewesen, dass man Festplatten hätte verschicken müssen“, erklärt Greene. „Da habe ich mir gedacht: Gibt es nicht eine Möglichkeit, eine niedrig auflösende Karte als Grundlage zu nehmen, die Informationen zum Aussehen der hochauflösenden Karte liefert, damit wir eine komplette, gigantische Karte generieren können? Und unsere Forscher damals meinten: ‚Ja, das geht mit Machine Learning.‘“
Prologue: Go Wayback! benötigt zwar keine Karten dieser Größenordnung, doch wie Joey Faulkner, Senior Machine Learning Research Engineer bei PLAYERUNKNOWN Productions, erklärt, bietet Machine Learning auch andere Vorteile bei der Landschaftsgenerierung – allem voran mehr Vielfalt. Konventionelle Algorithmen zur prozeduralen Generierung, so erklärt mir Faulkner, basieren auf festen Regeln – und diese erzeugen Muster, die mit der Zeit leicht zu erkennen sind. „Die Chance, die wir mit Machine Learning haben, ist, den Schritt von starren Regeln zu einer Art Black Box zu machen, die nahezu alles erschaffen kann.“
Bevor wir tiefer in die Materie einsteigen, verdient ein sehr offensichtlicher Aspekt Beachtung: Der Einsatz von ML-Generierungstechnologien (sowohl in der Spieleentwicklung als auch allgemein) ist ein kontroverses Thema, insbesondere wenn es um so vielseitige Tools wie ChatGPT und Midjourney geht. Die Diskussionen drehen sich um Urheberrechtsprobleme bezüglich der Trainingsdaten dieser Tools, die Umweltbelastung durch die nötige Rechenleistung, die Qualität der Ergebnisse und die Sorge, dass Menschen durch KI ersetzt werden.
Im Fall von PLAYERUNKNOWN Productions Machine-Learning-Technologie gibt es jedoch einige wichtige Unterschiede. Die verwendete Technologie ist hausintern entwickelt und dient ausschließlich der Erzeugung von Landschaften für die eigenen Spiele. Die Generierung findet lokal auf dem Rechner der Spieler statt – es bedarf also keiner riesigen, stromfressenden Serverfarmen. Das ML wurde auf öffentlich verfügbaren Geodaten, etwa von der NASA, trainiert. Und letztlich betont Greene, dass PLAYERUNKNOWN Productions bewusst auf generative KI in anderen Bereichen verzichtet.
„Wir bemühen uns, im künstlerischen Prozess keine generative KI einzusetzen. Ich sehe aber Vorteile von ML und generativer KI, beispielsweise bei Texturen. Für eine Spielwelt von der Größe der Erde ein System zu haben, das jede Baumrinde einzigartig und neu texturieren kann – das finde ich spannend, weil es Vielfalt schafft“, erklärt er. „Wir sind aber sehr vorsichtig, wie wir das verwenden. Wir haben einmal über den Einsatz von KI für Stimmen in bestimmten Situationen diskutiert, haben die Idee aber verworfen und wollen Synchronsprecher nehmen.“
Selbst in dem klar umrissenen Bereich, in dem das Studio Machine Learning einsetzt, ersetzt es nicht die bereits bestehende kreative Pipeline. Tatsächlich hat das Team von PLAYERUNKNOWN Productions festgestellt, dass die unbeaufsichtigte Erzeugung von Spielwelten per Machine Learning keine besonders interessanten Landschaften hervorbringt:
„Wenn man das Machine Learning einfach machen lässt, hat man schnell das ‚10.000 Schüsseln Haferbrei‘-Problem, bei dem zwar alle Ergebnisse unterschiedlich sind, aber doch gleich aussehen“, sagt Faulkner. „Also haben wir uns gefragt: ‚Wie können wir die interessanten Gameplay-Elemente der Gamedesigner mit prozeduraler Erzeugung verknüpfen?‘“
Das System, das es für Go Wayback verwendet, wird vom Studio „Guided Generation“, also geleitete Generierung, genannt und ist eine Kombination von prozeduraler Erzeugung, Machine Learning und klassisch von Hand gestalteter Grafik.
„Die Basis ist immer die per Machine Learning generierte Höhenkarte“, erklärt Alexander Helliwell, Senior Environment Artist bei PLAYERUNKNOWN Productions. „Darauf aufbauend entstehen an den verschiedenen Stellen passende Biome. Und die Biome bestehen wiederum aus Feldern, die wir selbst gestalten.“
Die Landschaft, die ihr in Go Wayback erkundet, basiert auf der Böhmischen Schweiz, einem Nationalpark in Tschechien mit Schluchten und steilen Sandsteinfelsen, der bereits der Originalkarte Chernarus in DayZ von Arma 2 als Inspirationsquelle diente. Nach Helliwells Worten war bei der Wahl des Gebiets jedoch nicht die geistige Tradition ausschlaggebend, sondern die große geografische Vielfalt auf vergleichsweise kleinem Raum.
„Wir wollen die vom Spieler beschreitbaren Pfade erweitern und das Gelände wie ein Labyrinth wirken lassen“, erklärt er. „Allein schon die Vorstellung, durch einen Wald mit zerklüftetem Gelände wandern zu müssen, impliziert hartes Überleben.“
Der ML-Algorithmus von PLAYERUNKNOWN Productions wurde auf Basis öffentlich zugänglicher Geodaten dieser Region trainiert, die laut Faulkner auf kleiner und mittlerer Maßstabsebene durch prozedurale Generierung „erweitert“ werden, was vom Grafikteam überwacht wird. Der entscheidende Unterschied zu herkömmlicher prozeduraler Generierung besteht darin, dass das ML-System eigenständig Annahmen darüber treffen kann, wie eine Landschaft auszusehen hat. Zu dieser Art Entscheidungsfindung sind herkömmliche regelbasierte Algorithmen nicht in der Lage.
Das Guided-Generation-System von Go Wayback etwa ist gezielt darauf ausgelegt, den Karten ein hohes Maß an Vertikalität zu verleihen, was dramatische Umgebungen schafft und die Navigierungsherausforderungen für die Spieler verschärft. Da Go Wayback in realistischen Landschaften spielen soll, orientieren sich die Algorithmen zur Vertikalitätserzeugung an natürlichen Entwässerungs- oder Abflusssystemen – also daran, wie Regenwasser in Bäche und Flüsse abfließt und dabei über die Zeit Berge und Täler formt.
So wird die Kartenerzeugung von Go Wayback durch handgezeichnete Draufsichten von Flüssen und Bergen „geleitet“. Mit einem derartigen einfachen Plan als Ausgangspunkt kann das ML-System Millionen einzigartiger Höhenkarten erzeugen. „Wir haben festgestellt, dass in Go Wayback kleinere Nebenflüsse entstehen, nach denen wir gar nicht gefragt haben“, erzählt Faulkner. „Wir zeichnen nur einen Hauptfluss, und das ML-Modell entscheidet, dass ein Fluss dieser Breite eigentlich Nebenarme haben müsste, und dann tauchen sie in den Ergebnissen auf.“
Das Guided-Generation-System von Go Wayback birgt Vorteile, aber auch die Herausforderungen, die aus der parallelen Arbeit mit einem ML-System und einer klassischen Grafik-Pipeline entstehen. So ist das Machine Learning von Go Wayback nicht frei von Pannen, wie sie auch bei anderen KI-Systemen bekannt sind. „Einmal hatten wir auf der Karte an einer Stelle einfach ein Quadrat“, erzählt Faulkner. „Die ganze Karte war völlig normal, nur an einer Stelle bestand die Landschaft aus einem Würfel, der alles überragte, und ich habe bis heute keine Ahnung, woher der kam.“
Gleichzeitig steht Helliwell vor der Herausforderung, sicherzustellen, dass die Landschaften in Go Wayback trotz der Unvorhersehbarkeit des Systems stets ästhetisch ansprechend wirken. „Wir haben immer wieder diese Momente im Spiel, wo wir denken: ‚Ah, das sieht an dieser Stelle toll aus, das sieht zu dieser Tageszeit toll aus. Woran liegt das? Und warum funktioniert es an diesem anderen Ort überhaupt nicht?‘. Es ist ein ständiges Vor und Zurück, bei dem wir testen, was auch bei der nächsten Milliarde Karten noch funktionieren dürfte.“
Wegen der Vertrautheit und starken Bewaldung der Welt von Go Wayback ist es für Laien schwer zu erkennen, was genau die Technologie leistet. Nichtsdestotrotz ähneln die Konturen und Erhebungen der Karten von Go Wayback eher den handgefertigten Landschaften von Arma 2 als etwa den Planeten aus No Man's Sky – was angesichts des Ziels, planetengroße Karten zu erzeugen, von großer Bedeutung ist.
Letztlich setzt PLAYERUNKNOWN Productions auf Machine Learning, weil das Team davon überzeugt ist, dass es das richtige Werkzeug für die Aufgabe ist, die sie sich selbst gestellt haben. Faulkner hofft allerdings auch, dass ihr Ansatz als Beispiel dafür dienen kann, wie Machine Learning sinnvoll eingesetzt werden kann – im Gegensatz zu vielen anderen aktuellen Anwendungen. „Bei generativer KI denkt man heute schnell an ein Atomkraftwerk, das gigantische Datenzentren mit Strom versorgt, nur um einem ein Rezept für Tomatensuppe zu liefern. Aber alles, was wir mit Guided Generation zur Erschaffung dieser Welten machen, läuft direkt auf der eigenen Hardware“, erläutert er.
„Wenn ich an die Zukunft von Machine Learning denke – selbst jetzt, wo viele sagen: ‚Oh, AGI (Artificial General Intelligence, z. dt. Künstliche allgemeine Intelligenz) ist zum Greifen nah‘ – dann glaube ich, dass das, was wir hier machen, eine viel realistischere Vorstellung davon ist, wie Machine Learning künftig in unsere Welt passen wird“, führt Faulkner weiter aus.
Wayback Machine
Als jemand, der Dutzende von Stunden damit verbracht hat, durch Chernarus von DayZ zu wandern, spricht mich die Idee durchaus an, den Elementen in einer Landschaft zu trotzen, die zwar vertraut wirkt, sich aber bei jedem Durchlauf völlig erneuert.
Verglichen mit bereits veröffentlichten Survival-Spielen lässt Go Wayback zumindest in seinem aktuellen Stadium allerdings zweifellos zu wünschen übrig, was um die möglichen Aktivitäten für Spieler betrifft. Es gibt keine Tiere, die man jagen oder von denen man gejagt werden könnte. Es gibt keinen Kampf und keine Rätsel abgesehen von der Navigation. Es gibt nicht einmal ein Herstellungssystem, wie man es aus anderen Survival-Spielen kennt. Diese Punkte räumt auch Greene selbst ein: „Wir haben Feedback bekommen wie: ‚Es gibt nicht viel zu tun‘. Das stimmt, momentan gibt es in der Welt tatsächlich nicht viel zu tun.“
Doch diese Version von Go Wayback ist Lichtjahre entfernt vom fertigen Produkt. Wenn Go Wayback erscheint, wird es zunächst im Early Access veröffentlicht, wobei das Team eine etwa zweijährige Alpha-Phase einplant, bevor das Spiel Version 1.0 erreicht.
Davidson hält sich bedeckt, was genau nach dem Early-Access-Start von Go Wayback ins Spiel kommen wird – teils, weil die Vollversion noch nicht endgültig feststeht, teils, weil es von den Wünschen der Community abhängt. „Unser Fahrplan wird ein wenig offener und von der Community und ihren Wünschen bestimmt sein“, erklärt er. „Dann geht es darum, wie wir diese Wünsche priorisieren und wie wir sie in angemessener Zeit umsetzen können.“
Grundsätzlich plant das Team allerdings, das bestehende Survival-Grundgerüst erheblich auszubauen. „Ist dir aufgefallen, dass es in den Hütten Stromleitungen und Sicherungen gibt? Irgendwann kannst du auch den Generator betanken. Irgendwann wird es auch Steckdosen geben, damit du Geräte anschließen kannst“, sagt Davidson. „Wir wollen, dass die Spieler eine Hütte finden und denken: ‚Diese Hütte gefällt mir, die werde ich mir hübsch einrichten. Ich hole mir den praktischen Tisch, den ich in der anderen Hütte gefunden habe, und mache es mir hier gemütlich. Ich kann fischen, jagen und alles machen, was man eben so macht.‘“
Es gibt noch weitere Funktionen, die das Team in Go Wayback einbauen möchte – oder zumindest darüber nachdenkt. Davidson erzählt, dass Greene gerne die Möglichkeit ins Spiel bringen würde, Bäume zu fällen. Er selbst ist sich jedoch nicht sicher, ob das zu dem besonderen Survival-Stil von Go Wayback passt. „Hast du schon einmal versucht, einen Baum zu fällen? Das ist echt harte Arbeit.“
Greene hegt darüber hinaus den Wunsch, irgendwann einen Mehrspieler-Modus einzubauen. „Ich hätte gerne einen Koop-Mehrspielermodus, falls man so spielen möchte“, sagt er.
Was definitiv auf Go Wayback zukommt, ist eine stärker ausgearbeitete Geschichte. Sie stammt von Greene, der zum ersten Mal selbst eine Geschichte für eines seiner Spiele schreibt – ein Prozess, den er als „sehr schwierig“ beschreibt. Wie genau die Geschichte in Go Wayback integriert wird, steht für ihn noch nicht fest, allerdings soll sie einen „leichten Touch“ haben. „Ich habe sogar darüber nachgedacht, einen Comic zu machen. Als wäre es ein Comic in drei Bänden, der die Geschichte erzählt, und zwar so, dass diese Spiele in unserem Universum stattfinden.“
Tatsächlich ist einer der Kernpunkte der Geschichte in Go Wayback der Umstand, dass das Spiel nicht in der realen Welt angesiedelt ist. „Wir wollen deutlich machen, dass es sich eigentlich um einen virtuellen Raum handelt“, erklärt Greene. „Wir haben so eine Idee, am Rand der Welt einen Effekt zu verwenden, bei dem die Daten verblassen, um zu verdeutlichen, dass dies kein realer Raum ist.“
Greene verrät auch einige der konkreteren Handlungspunkte, an denen er arbeitet. „Die Geschichte handelt von einem Vater, der versucht, seiner Tochter eine Botschaft zu übermitteln“, erzählt er. „Es ist eine gehackte Version ihres größeren Originalspiels, mit der er ihr eine Nachricht überbringen will.“ Ob Lucy, der Spielercharakter, tatsächlich die Tochter in dieser Geschichte ist, lässt Greene offen.
Auch bei weiteren Details zeigt er sich zurückhaltend. Allerdings hat er bereits mehrfach öffentlich Hinweise zur Handlung gegeben. „Der Grund, weshalb das Spiel Go Wayback heißt, ist, dass ich Hinweise im Header und den ersten Tweets des Go Wayback-Kontos versteckt habe, die auf das Twitter-Kontoarchiv der Wayback Machine verweisen“, erzählt er.
„Das hat niemand bemerkt. Ich habe ein schlechtes ARG gemacht, das niemand verstanden hat. Ich hatte sogar Morsecode unten im Header-Bild von Go Wayback.“ Trotzdem hielt Greene an dem Namen fest. „In unserem Universum passt der Name Go Wayback einfach. Es soll eine Vision einer Welt in den 80er-Jahren sein, wie sie sich jemand in der Zukunft vorgestellt haben könnte.“
Meta-versus
Erwähnenswert ist, dass die Geschichte von Go Wayback nicht völlig in sich geschlossen ist. Ihre erzählerischen Fäden führen Go Wayback letztlich zu Project Artemis. Doch PLAYERUNKNOWN Productions plant nicht, direkt von einem zum anderen zu springen. Zwischen diesen beiden Projekten befindet sich etwas, das Greene als „Spiel Zwei“ („Game Two“) bezeichnet.
Greene verrät hier nur wenige Details darüber, worum es sich bei diesem Spiel handeln wird, doch seine grobe Idee ist ein Ego-Shooter oder ein RTS, das von Command & Conquer inspiriert ist und an dem Dutzende oder Hunderte von Spielern beteiligt sind – eine Art „Command & Conquer, aber in Ego-Perspektive“. Er sagt, das Spiel werde in „unserer eigenen Engine“ entwickelt und er hoffe, damit „Marktplatz-, Handels- und digitale Besitzsysteme“ testen zu können.
Gleichzeitig trägt sich Greene auch mit der Idee, das vorherige Spiel des Projekts in das nächste einzubetten. „Es wäre genial, wenn man Spiel Zwei in Spiel Drei spielen könnte. Das sind einfach Ebenen, auf denen wir weiter aufbauen“, sagt er. „Ich würde wirklich gerne irgendwann Go Wayback in unserer eigenen Engine spielbar machen. Vielleicht schon in Spiel Zwei, wer weiß.“
Es ist also möglich, dass Spiel Zwei eine Art Mischung aus Rust und Command & Conquer wird, in der die Spieler sich von reiner Überlebenssicherung bis zu koordinierten Belagerungen mit selbstgebauten Panzern und Hubschraubern hocharbeiten.
Wie auch immer Spiel Zwei am Ende aussehen wird – es wird die Bühne für Spiel Drei alias Project Artemis bereiten. Greene stellt sich Project Artemis als ein Internet in 3D vor, das Spieler in der Ego-Perspektive erkunden und in dem sie mithilfe der Melba-Engine eigene Welten erschaffen können, um in ihnen zu spielen.
„Die Funktion von Melba soll letztendlich sein, dass jeder seine eigenen digitalen Welten erschaffen oder in ihnen existieren kann – ähnlich wie in einer Minecraft-Survival-Welt“, erklärt er. „Das ist das große Ziel: einen Raum zu bauen, in dem man Welten erschaffen kann, praktisch wie ein Internet in 3D, in dem jede Welt eine eigene Seite ist.“
Was die Spieler in diesem 3D-Internet unternehmen können entspricht etwa dem aktuellen Stand von Minecraft: Auf einer Grundlage von Survival-Systemen, die allerdings je nach Präferenz aktiviert und deaktiviert werden können, konstruieren die Spieler ihre eigenen Spielerlebnisse. „Ich hätte gerne eine Art MMO-Struktur, in der man sich wie in Civilization die Welt zu eigen machen kann“, sagt Greene. „Wo man Städte und Dörfer erschaffen kann, fast wie in Cities: Skylines.“ Dazu gehört natürlich ein ausgeklügeltes Bausystem. „Ich will, dass die Leute in der Lage sind, den Millennium Falcon aus Holz zu bauen, so wie in Valheim.“
Dieses facettenreiche Erlebnis soll MMO-tauglich sein, sodass Tausende (wenn nicht Millionen) von Menschen gleichzeitig in der Welt leben können. Außerdem will Greene KI-Begleiter integrieren, die helfen, die Welt zu bevölkern, und den Spielern Routinearbeiten abnehmen. „Ich will nicht, dass das Spielprinzip wie in den meisten Survival-Spielen daraus besteht, dass man vorrangig damit beschäftigt ist, alles Mögliche zu sammeln.“
Für diese KI-Begleiter sind „Mini-LLMs“ denkbar, sodass „man mit ihnen sprechen kann und sie einen kennenlernen“, Greene ist sich bei dieser Idee allerdings noch nicht sicher. Jedenfalls stellt er sich vor, dass die Spieler eigene Aktivitäten erstellen könnten, während die Spieler- und Nichtspieler-Gemeinschaften wachsen, „sodass man den eigenen Teil der Welt in Motocross-Rennen oder einen Ego-Shooter in der Ruine eines Wolkenkratzers verwandeln kann.“
Insgesamt handelt es sich um ein Konzept, das als Metaversum beschrieben werden kann, auch wenn Greene diese Bezeichnung lieber meidet. „Metaversum ist ein sehr überladener Begriff, deshalb versuche ich, ihn so wenig wie möglich zu verwenden“, erklärt er. Hintergrund ist, dass das Konzept des Metaversums zunehmend mit fragwürdigen Web3- und Blockchain-Projekten assoziiert wird – letztere hält Greene zwar für „interessant als dezentralisiertes Besitzerkonto“, möchte sie aber nicht in Project Artemis integrieren.
Nichtsdestotrotz wird Project Artemis über eine eigene Finanzebene verfügen, die nach der Veröffentlichung die Haupteinnahmequelle von PLAYERUNKNOWN Productions werden soll. Wie Vieles an Project Artemis ist auch dieser Plan noch eher vage formuliert. Greene kann sich allerdings vorstellen, dass PLAYERUNKNOWN Productions irgendwann die Rolle einer Art MasterCard innerhalb von Project Artemis einnehmen könnte.
„Das sind alles noch ziemliche Träumereien, aber ich könnte mir langfristig vorstellen, dass die Engine in eine gemeinnützige Organisation überführt wird, ähnlich dem World Wide Web Consortium“, erzählt er. „Wir würden dann ein Inhalts- und Plattformunternehmen sein, das die Transaktionsebene und den Marktplatz verwaltet.“
Zurück auf den Boden der Tatsachen
All das liegt noch in ferner Zukunft. Go Wayback selbst hat im Grunde noch einen vollen Entwicklungszyklus vor sich. „Das wird eine lange Early-Access-Phase von über einem Jahr“, sagt Davidson. „Dann folgen ein paar Jahre Support nach der Veröffentlichung der Vollversion. Wir haben das noch nicht komplett durchgeplant.“
Wie PLAYERUNKNOWN Productions die Entwicklung von Spiel Zwei und Project Artemis angeht, hängt maßgeblich vom kommerziellen Erfolg von Go Wayback ab. Greene erzählt sogar, dass die Aufteilung in drei Spiele zum Teil auch daher rührt, „das Risiko so weit wie möglich zu reduzieren“.
„Wir haben Go Wayback, das uns hoffentlich bis in Spiel Zwei hinein finanzieren wird. Gleichzeitig ziehen wir aktuell weitere Finanzierungsmöglichkeiten in Betracht“, erzählt er. „Ich möchte das Team vor der Sorge bewahren, Produkte nur zum Verkauf zu entwickeln, weil dadurch oft wirklich gute Ideen zerstört werden.“
Kurzfristig gesehen sind Greenes Ziele vergleichsweise bescheiden. Prologue: Go Wayback! durchläuft zurzeit mehrere Runden von Pre-Alpha-Tests. „Ich hoffe einfach, dass wir es mit den Ergebnissen dieser Tests schaffen, dass die grundlegenden Gameplay-Mechaniken, bis zum Early Access stabil funktionieren.“, erzählt er.
„Das ist das Mindeste, was ich mir vom Start in den Early Access erhoffe. Ich will auf jeden Fall etwas Stabiles und Unterhaltsames liefern“, führt Greene weiter aus. „Das Gameplay funktioniert schon. Es braucht noch Feinschliff. Und Balancing. Aber ich spiele es wirklich gerne und es gibt nicht sonderlich viele Spiele, die mir Spaß machen.“
„Jemand auf unserem Discord hat es perfekt zusammengefasst. Er sagte: ‚Wisst ihr, ich habe nie verstanden, warum Leute Euro Truck Simulator spielen, aber ich bin Wanderer, und jetzt versteh ich es.‘ Ich glaube, es gibt genug Spieler da draußen, die das verstehen.“