Relooted ist genau das Spiel über die Rückführung afrikanischer Relikte, das euch noch gefehlt hat
16.6.2025
Von Brian Crecente, Autor
„Dieser Prozess war ziemlich aufwendig“, so Ben Myres, Creative Director von Relooted. „Zwei Jahre lang engagierten wir dafür sogar zwei Forscher, denn es waren einfach zu viele Artefakte.“
Für die Auswahl der in Relooted zu verwendenden Exponate war für das Team letztendlich die jeweils damit verbundene Geschichte ausschlaggebend.
„Wir suchten nach Relikten, deren Plünderung auf einer spannenden Story beruhte“, erklärte er. „Dabei fragten wir uns ‚Warum waren sie für die Beteiligten von Bedeutung?‘ und berücksichtigten alles, was irgendwie damit in Verbindung stand.“
Eines der im Spiel vorkommenden Artefakte ist eine Trommel aus Kenia. Laut Myres dachten die Menschen dort, dass sie vor etlichen Jahren zerstört worden war.

„Für die Einheimischen ist es das wichtigste spirituelle Artefakt überhaupt“, sagte er. „Sie gingen tatsächlich davon aus, dass die Trommel zerstört worden war. Doch wie sich herausstellte, lag sie die letzten 100 Jahre im Keller des Britischen Museums. Erst nach 2010 sahen die ersten Kenianer dieses Musikinstrument wieder, das bereits 1870 entwendet worden war.
„Die Person, die die Trommel entdeckte, ist ein Nachfahre des Königs, dem sie ursprünglich gehörte. Es handelt sich also nicht um irgendwelche Relikte, die einfach im Staub gefunden oder von Archäologen ausgegraben wurden. Sie stammen aus tatsächlich existierenden Kulturen.“
Eine Spielidee aus einem Museum
Die in Relooted entdeckten Artefakte spielen eine zentrale Rolle. Der Titel ist in einem vom afrikanischen Futurismus geprägten 21. Jahrhundert angesiedelt und spielt nach der Unterzeichnung einer Vereinbarung über die Rückführung afrikanischer Kulturgüter aus Museen der westlichen Welt. Durch eine überraschende Wendung wird die Einhaltung des Übereinkommens jedoch verhindert, sodass nun ein Team aus verschiedenen afrikanischen Ländern 70 Artefakte zurückholen muss.
Der Titel ist im Grunde ein Plattform-Rätselspiel, bei dem man seitlich durch die Level scrollt. Ihr müsst ein Museum erkunden, euren Einstieg und Fluchtweg planen und dann den Raub in Echtzeit durchführen – und das, während Alarmsignale heulen und Türen zuschlagen. Das Ganze ist dennoch gewaltfrei und erinnert eher an Ocean's Eleven.
Die Idee kam Myres, als er mit seinen Eltern in London weilte.
„Während sie das Britische Museum besuchten, ging ich in eine Videospielbar“, berichtete er. „Später beim Abendessen war meine Mutter total aufgebracht, weil sie in den Ausstellungsräumen die gesamte Fassade eines Tempels aus der Türkei gesehen hatte. Sie sagte: ‚Das ist doch Wahnsinn!‘ Nur um dann hinzuzufügen: ‚Daraus musst du doch eigentlich ein Spiel machen.‘“
Myres gab zu, zunächst keine Ahnung gehabt zu haben, wie er das umsetzen sollte, aber mit der Zeit nahm die Idee immer mehr Gestalt an. Er entschied sich für eine afrikanische Kulisse, da die Rückführung von Kulturgütern dort eine große Rolle spielt. So entstand die Idee, sich auf Artefakte dieses Kontinents zu konzentrieren.
Dann fing das immer größer werdende Team an, sich zu überlegen, wie man die Raubüberfälle am besten inszenieren könnte.

„Es gibt nicht viele Beispiele für gewaltfreie Aktionen dieser Art“, meinte er.
Das Gameplay zu meistern, ist echt eine Herausforderung, aber sobald man den Dreh raus hat, erwartet euch eine Mischung aus Parkour, coolen Rätseln und der Gewissheit, dass es kein Zurück mehr gibt, sobald der Raubüberfall begonnen hat.
In der Einführung von Relooted werden die grundlegenden Steuerungskonzepte erklärt. Solange man den Auslöser gedrückt hält, läuft eure Spielfigur und bewegt sich im Wesentlichen wie beim Parkour durch die Umgebung. Durch Drücken einer Gesichtstaste erhält man einen Geschwindigkeitsschub. Mit diesen Grundlagen könnt ihr euch schnell durch die Museumsräume bewegen. Springt über Mauern, schlüpft unter Seilen hindurch, rennt über Druckplatten und rutscht unter sich schließenden Türen hindurch.
Im weiteren Verlauf des Tutorials müsst ihr Gegenstände in einem Raum bewegen, um eure Route vorzubereiten. Abschließend werden die verschiedenen Crewmitglieder vorgestellt, die über unterschiedliche Fertigkeiten verfügen. Ihr könnt ihnen Aufgaben für eure Raubüberfälle zuweisen, z. B. sich an die Decke hängen, um euch beim Schwingen zu helfen, oder im richtigen Moment eine Tür aufbrechen.
Obwohl es durchaus Spaß macht, die Bewegungsabläufe und Spielmechaniken zu erlernen, sind sie nur ein Teil des Ganzen. Die Perfektionierung des Gameplays nahm jedoch viel Zeit in Anspruch, weil es sich als komplizierter als angenommen herausstellte.
„Wir machten daraus ein rundenbasiertes Strategiespiel“, sagte Myres. „Dann erstellten wir Simulationsversionen.“

Aber erst mit dem Erscheinen des physikbasierten Zerstörungsspiels Teardown kam der Durchbruch.
„Es hatte einen Spielablauf, den wir im Grunde übernommen und in unser Konzept integriert haben“, sagte er. „In dem Moment, in dem man eines der Relikte aufhebt, die man stehlen will, geht der Alarm los. Wenn man nicht innerhalb von 30 Sekunden draußen ist, ist das Spiel vorbei.“
Zwar ist es wichtig, mit den Relikten in der Hand parkourmäßig durch die Level eines Museums zu flüchten, aber das ist nicht das Hauptelement des Spiels.
„Die Parkour-Aspekte sind eher eine Art Belohnung“, so Myres. „Zuvor muss man alle Hindernisse aus dem Weg räumen, um ungehindert durch die Level zu kommen und sich voll und ganz auf den Parkour konzentrieren zu können.“
Ein Spiel, das mit dem Team gewachsen ist
Mit der Weiterentwicklung des Gameplays habe sich laut Myres im Laufe des Entwicklungsprozesses auch das Aussehen des Titels verändert. Dieser Wandel habe sich ganz natürlich aus dem wachsenden Team ergeben, da jedes neue Mitglied dazu beigetragen habe, die Optik und Atmosphäre von Relooted mitzugestalten.
Zum Beispiel sollte das Spiel zunächst eine afrofuturistische Kulisse haben. Letztendlich entschied man sich aber für den afrikanischen Futurismus, was sicherlich nicht für jeden sofort verständlich ist. Während der Afrofuturismus auf einer Art Collage aus afrikanischen Motiven und einem fiktiven Land beruht, basiert der afrikanische Futurismus auf ortsgebundenen Bezügen.
„Jedes Crewmitglied stammt aus einem bestimmten Land, einer bestimmten Kultur und ethnischen Gruppe. Die jeweiligen Kleidungsstücke wurden ausschließlich unter regionalen Gesichtspunkten ausgewählt und sind keine Collage aus verschiedenen Kulturen“, erklärte er.

Dies ist nicht der erste Titel des Studios. Der erste war Semblance, der 2018 erschien und das erste in Afrika entwickelte Produkt war, das jemals auf einer Nintendo-Konsole veröffentlicht wurde.
Je nachdem, an welchem Spiel das Studio gerade arbeitet, nimmt die Zahl der Teammitglieder von Nyamakop zu oder ab. Während der Entwicklung von Semblance hatte das Studio drei Festangestellte und insgesamt sieben Mitarbeiter. Für den aktuellen Titel beschäftigte das Studio zeitweise bis zu 30 Festangestellte, sodass der Abspann laut Myres deutlich länger ausfallen werde.
„Das gesamte Team wurde speziell für dieses Spiel zusammengestellt“, erklärte er.
Das Studio hat seinen Sitz im südafrikanischen Johannesburg und entwickelt mit einem vielseitigen und inklusiven Team Spiele, die von der Kultur dieses Kontinents inspiriert sind. Die Mitarbeiter kommen vor allem aus Südafrika, aber auch aus anderen Teilen des Kontinents.
„Hier gibt es nicht so viele Möglichkeiten, professionell Videospiele zu entwickeln“, so Myres. „Wenn man den Leuten hier also diese Möglichkeit bietet und ein Projekt dann auch noch im Zusammenhang mit Afrika steht, was sowieso kaum vorkommt, dann sind sie wirklich mit Begeisterung dabei.
„Der Großteil des Entwicklerteams sitzt in Südafrika, aber wir haben etwa zwölf Leute aus verschiedenen afrikanischen Ländern, die ebenfalls am Spiel arbeiten. Momentan beschäftigen wir unter anderem einen äthiopischen Umgebungsdesigner.“
Es handelt sich um echte Artefakte, die sich noch in Museen befinden
Auch das Thema ist für alle, die das Spiel entwickeln, wirklich spannend und wichtig. Dabei stehen die Artefakte natürlich im Mittelpunkt.
Mit viel Liebe zum Detail wurden alle Relikte anhand der wenigen verfügbaren Bilder als 3D-Modelle nachgebaut.
„Wir hatten einen festangestellten 3D-Grafiker, dessen einzige Aufgabe darin bestand, Fotos anzuschauen oder Scans zu finden und dann handgemachte Texturen daraus zu erstellen“, sagte Myres. „Da einige der Artefakte so lange eingelagert waren, gibt es nicht mal viele Fotos davon, sodass wir ein bisschen improvisieren mussten.“
Auch wenn sowohl die Charaktere im Spiel als auch die Entwickler der Meinung sind, dass die Artefakte zurückgegeben werden sollten, soll der Titel selbst laut Myres „den Spielern diese Botschaft nicht aufzwingen“.

„Wir wollen allen zeigen, wie wichtig diese Relikte für die Leute waren, denen sie weggenommen wurden“, sagte er. „Dann kann jeder selbst entscheiden, ob sie in den Museen bleiben sollten oder nicht.“
Keines der Museen im Spiel basiert auf realen Schauplätzen, sondern ist frei erfunden. Die einzigen realen Orte im Spiel befinden sich in Afrika.
Sobald ein Artefakt „zurückgeplündert“ wurde, könnt ihr es euch in eurer Basis anschauen und ein bisschen was über seine wahre Geschichte erfahren. Sogar diese Kurzbeschreibungen zu konzipieren, war eine Herausforderung, weil es zu jedem Gegenstand so viel zu sagen gibt. Während der Recherche erstellte das Team eine Datenbank mit allen möglichen Infos zu den Relikten.
Derzeit enthält das Spiel nur ein paar Absätze, aber Myres kündigte an, dass diese noch etwas erweitert werden könnten. Dennoch achtet das Team sehr darauf, die Spieler nicht mit zu vielen Informationen zu überfordern.
Zusammenstellung einer authentischen Crew
Das Hauptquartier eurer Crew ist ein Museum voller Artefakte, die ihr im Spiel ergattert habt. Dies ist zudem der Ort, wo alle Missionen beginnen. Diese erinnern ein bisschen an die ursprüngliche Mission: Impossible-Reihe, denn ihr erhaltet eine Einweisung und wählt aus, welche Crewmitglieder ihr mitnehmen wollt. Jedes Mitglied hat seine eigenen Fertigkeiten. Unter ihnen sind ein Schlosser, ein Gadget-Experte, ein Akrobat, ein Hacker und sogar ein paar Schläger.
Die Crew besteht zwar aus Charakteren mit unterschiedlichen Hintergründen, aber das ist keine Anspielung auf die Länder, aus denen die Mitglieder des Entwicklerteams stammen. Es war vielmehr ein natürlicher Prozess, der sich bei der Erstellung des Spiels ergab.
Man suchte auch intensiv nach Synchronsprechern, die den Hintergrund der Charaktere authentisch wiedergeben konnten. Eines der Crewmitglieder kommt beispielsweise aus Angola. Allerdings erwies sich die Suche nach einem angolanischen Synchronsprecher laut Myres als sehr schwierig. Es war nicht immer möglich, die perfekten Darsteller zu finden. Ein Charakter ist zum Beispiel aus dem Kongo, wird aber von einem Südafrikaner gesprochen.
„Trotzdem dürfte es immer noch die vielfältigste Sammlung authentischer afrikanischer Akzente sein, die es je in einem Videospiel gab“, so Myres. „Es gibt Produktionen aus der westlichen Welt, in denen man nur einen einzigen afrikanischen Akzent hört (beispielsweise in Black Panther) – das wollten wir unbedingt vermeiden, indem wir so viele authentische afrikanische Mundarten wie möglich verwenden.
„So hat zum Beispiel der kleine Akrobat diesen wunderschönen frankophonen westafrikanischen Akzent, der sehr echt klingt.“

Sobald ihr eure Crew ausgewählt habt, geht es weiter zur nächsten Phase des Spiels, in der ihr das Museum auskundschaftet, einen Weg zum Artefakt findet und dann überlegt, wie ihr entkommen könnt, bevor ihr gefasst werdet. Dabei erfahrt ihr auch bestimmte Details über den Level.
Schließlich müsst ihr alle eure Helfer platzieren und sicherstellen, dass jeder bereit ist, seinen Teil des Raubüberfalls zu erledigen. Es gibt Einschränkungen, wo und wie viele Crewmitglieder ihr platzieren könnt.
Der Titel fühlt sich im Großen und Ganzen wie ein Rätselspiel an. Myres zufolge sei es das erste echte Raubüberfallspiel.
„Ich sage das immer, weil das Spiel zur Hälfte aus Rätseln und zur Hälfte aus Action besteht“, erklärte er. „Die Rätsel bestehen darin, die Route herauszufinden. Die Action ergibt sich dann aus der Ausführung. Die einzelnen Level setzen sich aus etwa 5 bis 15 sehr kleinen, einfachen Rätseln zusammen, die gelöst werden müssen. Da man sie jedoch alle auf einmal lösen muss, um zu entkommen, kann man das Gameplay durchaus als komplex bezeichnen.
„Während die Rätsel also einfach gehalten sind, ist jeder Level im Grunde genommen ein einziges großes Rätsel.“
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