Simlisch: Eine Geschichte über die Sprache in Die Sims

9.4.2025
Von Sarah Thwaites, Autorin

Lebenssimulationen sind ein Spiegel unserer Welt und geben Spielern die Möglichkeit, mit Haushalten von digitalen Personen zu experimentieren und alle möglichen Fantasien auf dem PC auszuleben. Die Sims ist mit Abstand das bemerkenswerteste Beispiel dieses Genres. Ihr müsst euch beruflich entwickeln, Beziehungen pflegen und gleichzeitig darauf achten, dass sich eure Spielpersonen nicht schmutzig machen oder aus Versehen sterben.

In dem manischen Persona-Manager von Maxis ist kontinuierlich ein unheimliches Geplapper zu hören, das zwar die Stimmung des Sprechers erkennen lässt, ansonsten aber völlig unverständlich ist. Man könnte diese „Simlisch“ genannte Sprache mit dem Klingonisch in Star Trek oder Dothraki in Game of Thrones vergleichen – eine erfundene Sprache, die speziell für eine Fantasiewelt geschaffen wurde. Doch hinter dieser Sprache steckt sehr viel mehr als nur situationskonformes Gebrabbel.

Die bizarre und faszinierende Geschichte des Simlisch beginnt 1996 mit SimCopter, einem weniger bekannten Low-Poly-Flugsimulator. Die ersten Artikulationen dieser Sprache waren fast-menschliches Ächzen und Seufzen, das (unter anderem) als Reaktion auf euer Flugtalent diente. Mit seinem nächsten Projekt, Die Sims, setzte Designer und Sim-Schöpfer Will Wright dieses sprachfreie Erbe fort.

Im Jahr 2020 äußerte Wright im Gespräch mit Retro Gamer, dass er bei Die Sims befürchtete, technologische Grenzen könnten möglicherweise die Fantasie der Spieler beeinträchtigen. „Indem wir ihnen diese Art Kauderwelsch bieten, ergänzt die Fantasie das, was fehlt und erfindet die Unterhaltung“, erklärte er. „Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir einen Teil der Simulation in die menschliche Vorstellungskraft auslagern.“

Seit den späten 90er-Jahren hat sich Simlisch jedoch weit über seine bescheidenen, kauderwelschartigen Ursprünge hinaus zu einem bedeutenden Prüfstein der Internetkultur entwickelt. Was eigentlich dazu dienen sollte, die Fantasie der Spieler anzuregen, hat eine ganze Sammlung von Sprüchen und Marotten hervorgebracht, die die Spieler seit 25 Jahren zu entschlüsseln versuchen.
 

Wie kommunizieren Sims?


Um mit anderen Sims zu sprechen, muss man zuerst den gewünschten Sim und anschließend aus einer runden Auswahl ein Gesprächsthema wählen. Diese Vorschläge sind in der Regel romantischer, freundschaftlicher oder handlungsbasierter Natur. Daraufhin plappert der Sim ein paar Worte in seiner Muttersprache – Simlisch.

Die Sprache besteht zwar größtenteils aus unverständlichem Gebrabbel, der Tonfall hilft jedoch bei der Interpretation. Ein trauriger Sim gibt vielleicht ein gedämpftes „Sul Sul“ (Simlisch für „Hallo“) von sich, während ein flirtender Sim das zweite „Sul“ in die Länge zieht und sich dabei seinem romantischen Opfer entgegenbeugt. Die simlische Sprache spiegelt die reale Welt wider und ihr musikalischer Singsang vermittelt mehr Bedeutung als die Worte selbst. Zusätzlich helfen Körpersprache, Gedankenblasen und Pop-ups dabei, schnell die Absicht einer Interaktion zu erkennen.

Während sich die Reihe weiterentwickelte, gestaltete Maxis die Dialoge immer abwechslungsreicher. Sims reagieren auf denselben Gesprächsvorschlag mittlerweile mit verschiedenen Ausdrücken – selbst bei einem einfachen „Hallo“ oder „Tschüss“. In der jüngsten Version geht eine Begrüßung weit über ein Winken hinaus und der Spieler kann ihr eine freundliche, abweisende oder witzige Note geben.
 

Simlische Evolution

 


Die Sims (2000 – 2004)

Im ersten Titel der Reihe, war Simlisch deutlich unverständlicher und klang wie eine seltsame Mischung esoterischer Sprachen. Die Interaktionsmöglichkeiten waren begrenzt und den Sims standen auch weitaus weniger Emotes zur Verfügung. Ihre Persönlichkeiten drückte sich durch einfache Gedankenblasen und physische Animationen aus. Ausgesprochene Antipathie drückte sich in einer Gedankenblase mit dem rot durchkreuzten Gesicht der ungeliebten Person aus. Und wenn ein Sim aufgeregt war, wedelte er überschwänglich mit den Händen in der Luft.
Die Sims 1 – Unterhaltung
In Die Sims gab es auch einfache simlische Musik und Filme, die per Fernseher oder Radio verfügbar waren. Radiosender wie Disco oder Country spielten rhythmische simlische Versionen dieser Genres. Beim Fernseher konnte man zwischen Horror-, Action-, Romantik- und Zeichentrick-Kanälen wählen, und es waren boshaftes Lachen oder cartoonartige Schreie zu hören.

Die Kommunikationssysteme waren, verglichen mit heutigen Maßstäben, einfach, reichten aber völlig aus, um dramatische Situationen zu schaffen und unsere Hoffnungen und Träume in die vorgefertigten Charaktere von Maxis zu projizieren. Mehr als zwei Jahrzehnte später warte ich immer noch darauf, dass sich Agnes Knautschgesicht für die Ohrfeige entschuldigt.
 

Die Sims 2 und Die Sims 3 (2004 – 2014)

Die Sims 2 und Die Sims 3 waren die simlische Blütezeit – Maxis machte die Sprache komplexer und fügte neue Optionen für Sozialisierung und Persönlichkeitsentwicklung hinzu.

Nach Die Sims machte Die Sims 2 mit neuen Features wie Wünschen und Ängsten sowie neuen Messmöglichkeiten für Beziehungen einen großen Schritt vorwärts. In der schicken neuen 3D-Welt führten Sims Selbstgespräche und drückten bei Erfolgserlebnissen oder tragischen Ereignissen sehr intensiv ihre Gefühle aus. Sie reagierten sogar betroffen, wenn sie selbst gar nicht aktiv beteiligt waren. Wenn ein Sim zum Beispiel einen anderen dabei erwischte, wie dieser fremdging, konnte er die Hände in die Luft strecken und losheulen.
Die Sims 2 – Unterhaltung
Auch wenn sie noch recht primitiv waren, verliehen diese kleinen, wohlüberlegten Neuerungen dem Spiel ein deutliches Gefühl von Präsenz und Menschlichkeit.

Später kamen in Die Sims 3 Launen dazu, die nicht nur das Verhalten eines Sims je nach Erlebnis – beispielsweise nach einer erholsamen Nacht oder einer peinlichen Begegnung – beeinflussten, sondern auch von entsprechenden simlischen Äußerungen begleitet wurden.

Neben Anpassungen beim Gameplay erlebte auch das simlische Radio eine Aufwertung mit neuen Sendern und Stars der echten Welt wie Paramore und Katy Perry, die Hits wie „Pressure“ und „Last Friday Night“ für das Sim-Publikum übersetzten. Erweiterungen fügten neue Künstler wie Hot Chip und Lily Allen hinzu und zeittypische Stilrichtungen wie Dubstep und Techno verbreiterten das Musikangebot. (Ruht in Frieden, Neonleuchtbrillen – wir werden euch nie vergessen.)

Im Laufe der Zeit lernten die Sims, ihr Simlisch deutlicher zu artikulieren, Spieler begannen, Grundbegriffe aufzuschnappen und für Online-Memes zu verwenden. Wo das erste Spiel noch auf seltsames Gemurmel setzte, gab es in Die Sims 2 und Die Sims  3 bereits langgezogene Vokale und eine klare Aussprache. Während dieser Zeit taten sich Fans der Reihe sogar zusammen und erstellten verschiedene inoffizielle Wörterbücher für Simlisch, um die Laute ihrer Spielfiguren irgendwie zu interpretieren.
 

Die Sims 4 (seit 2014)

Die Sims 4 ist der neueste Teil der Reihe – und daher sind sowohl die Interaktionen der Sims als auch das Simlisch am klarsten und komplexesten. Neben Gedankenblasen und Körpersprache gibt es oben auf dem Bildschirm auch einen Gesprächs-Tracker, der euch auf einen Blick den Gesprächspartner und die Art des Gesprächs (z. B. freundlich oder flirtend) verrät. In Die Sims 4 könnt ihr euch sogar mit mehreren Sims gleichzeitig unterhalten, während ihr esst oder etwas anderes tut – eure Kommunikation verläuft also wesentlich abwechslungsreicher.
Die Sims 4 – Leben & Tod
Zudem eröffneten zusätzliche Erweiterungspacks wie Verliebt und Leben & Tod neue Möglichkeiten für intensivere zwischenmenschliche Dynamiken, die mutige Themen wie Liebe und Trauer ansprechen. Mit diesen Add-ons könnt ihr in heikle Situationen mit mehreren Dating-Partnern geraten und Verstorbenen mit Ritualen und Gedenkfeiern die Ehre erweisen. Dabei erweitern sie den Pseudowortschatz der Sims weit über das hinaus, was in Die Sims 2 und Die Sims 3 möglich war.

Aber selbst nach 25 Jahren gibt es kein offizielles Simlisch-Wörterbuch . Noch immer suchen wir Sim-Fans im Dunkeln nach einem Sinn – und in dieser Hinsicht scheint Will Wrights Prophezeiung in Erfüllung gegangen zu sein. Zumindest einige Ausdrücke gibt es aber, die sich im ansonsten eher sinnfreien Geschwafel regelmäßig wiederholen:

  • Sul Sul: Hallo
  • Dag Dag: Auf Wiedersehen
  • Neibs: Nein
  • O Vwa Vwaf Sna: Schön, dich zu sehen
  • Ongie: Selfie
  • Atohteh: Ich muss auf die Toilette
  • Oh Feebee Lay: Ich habe Hunger

Vielleicht hilft euch dieser kurze Abriss der Entwicklung der simlischen Sprache ja, euch etwas mehr in die Kommunikation eurer digitalen Geschöpfe einzufühlen – während ihr ihre Welt in ein Chaos verwandelt.

Die Sims 4 ist jetzt im Epic Games Store erhältlich. Oder holt euch das Die Sims™ Bundle „25. Geburtstag“ und taucht in die Geschichte der Reihe ein.